Der Thüringer Klaus Dalski ist
ehemaliger Kriminaloberrat in Weimar und hat in dem Buch „Die Bombe
auf dem Zwiebelmarkt“ einige der skurrilsten und bemerkenswertesten
Fälle zusammengetragen, an denen er mitgearbeitet hat. In seiner
26-jährigen Amtszeit, welche sich übrigens bis in die ehemalige DDR
erstreckte, hat er hiervon reichlich erlebt, sodass auch dieses Buch
(welches übrigens die Fortsetzung zu seinem Erstling: „Der Kopf in
der Ilm“ ist) mehr als genug an Beachtlichem bieten hat.
Wie es sich bei einem solch
abwechslungsreichen Beruf nicht anders vermuten lässt, ist der Ton
der Geschichten ebenso vielseitig, wie es die Geschichten selbst
sind. Zum einen gibt es eine Vielzahl an Episoden, welche sich wohl
am ehesten als heitere Anekdoten oder relativ „harmlose“
Obskuritäten beschreiben lassen. So werden Dalski und seine Kollegen
in „Die Frau von Lermontow“ mit einer Dame konfrontiert, welche
nur im militärischen Befehlston mit ihnen spricht und deren
vermeintlich gestohlener Schmuck an einer interessanten Stelle wieder
auftaucht. Weiterhin gibt es zum Beispiel in „Kohle für die Liebe“
einen köstlichen und prekären Prostitutionsskandal, eine Dame, die
vermeintlich ausgeraubt wurde, aber sich selbst immer mehr in
Widersprüche verstrickt und einen vorbildlichen Angestellten,
welcher in seiner eigenen Firma versucht, Feuer zu legen, um nachher
als Held dazustehen. Die überraschenden Wendungen und Dalskis
heitere Schreibweise sorgen für Unterhaltsamkeit und den nötigen
Witz, sodass gerade diese Geschichten einen interessanten und
auflockernden Gegenpol zu den ernsten Fällen darstellen.
Sicherlich sind gerade für
Geschichtsfreunde auch die „DDR-spezifischen“ Geschichten von
Interesse. Gemeint sind hiermit die Erinnerungen Dalskis, welche
explizit mit politischen und sozialen Eigenheiten Ostdeutschlands vor
der Wende zu tun haben. In „der rote Peugeot“ ist zum Beispiel
ein beliebtes „Westauto“ der Grund für ein schweres Verbrechen
und „die Bombe auf dem Zwiebelmarkt“ ist laut Dalski nicht nur
eines der größten Terrorverbrechen in der Geschichte der DDR,
sondern gibt auch Einsicht in die Vorgehensweise der damaligen
Behörden.
„Die Bombe auf dem Zwiebelmarkt“
bietet jedoch abseits der weiter oben besprochenen Abschnitte eine
Vielzahl an Episoden, welche sich um Gewalt-, Mord- und Sexualdelikte
drehen. Diese sind stellenweise wirklich überaus „heftig“ und
zeigen in aller Deutlichkeit, dass der Beruf eines Kriminaloberrats
sich nicht nur um lustige Anekdoten dreht. In „Die Entführung aus
der Kinderklinik“ wird zum Beispiel ein Säugling aus dem
Krankenhaus entführt und von einem Triebtäter sexuell missbraucht.
Weiterhin gehört „Beweisstück Pornofilm“ zugleich zu den
brutalsten und zu den interessantesten Fällen des Buches. Ein
pädophiler Ex-Häftling vergeht sich an der Tochter eines ehemaligen
Zellengenossen und wird aufgrund des zuvor geschauten Pornofilms,
dessen gezeigte Sexualpraktiken er an dem Kind nachstellte,
überführt. Gerade in den Geschichten, welche Gewalttaten an Kindern
beinhalten, merkt man Dalski an, wie emotional er von diesen Fällen
berührt wurde und wie belastend solch eine Profession sein kann.
Erschreckend ist oftmals aus die Sinnlosigkeit einiger Gewalt- und
Mordverbrechen, namentlich wären hier zum Beispiel „Macht Liebe
blind?“ und „Ein Verhängnisvoller Brief aus der Heimat“ zu
erwähnen.
Fazit: „Die Bombe auf dem
Zwiebelmarkt“ bietet eine große Bandbreite an interessanten,
lustigen und abstoßenden Geschichten, welche alle eines gemeinsam
haben: sie sind lesenswert und unterhaltsam. Dalskis lockerer und von
eigenen Wertungen und Observationen durchzogener Schreibstil vermag
die einzelnen Episoden farbenfroh auszugestalten und aufgrund des
Abwechslungsreichtums und der Knappheit der meisten Geschichten,
kommt eigentlich an keiner Stelle Langeweile auf. Hobbykriminologen
werden vor allem an den eingängigen Beschreibungen der
Ermittlungsarbeit Gefallen finden und sogar für Geschichtsfreunde
und DDR-Nostalgiker kann sich das Werk als wahre Fundgrube erweisen.
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