Freitag, 18. April 2014

REVIEW: BRIEFFREUNDSCHAFT MIT EINEM SERIENMÖRDER (Petra Klages, Kirchschlager Verlag)



Der 1969 in Oberhausen geborene Serienmörder Frank Gust ging als „Rhein-Ruhr Ripper“ in die Geschichte ein. Ähnlich wie der „Yorkshire Ripper“ Peter Sutcliffe verübte er sexuell motivierte Morde an Frauen, viele davon Prostituierte, welche auch reges Medieninteresse auf sich zogen. Erst nach seiner Verhaftung wurde die eigentliche Tragweite der Motive, welche zu der Mordserie führten, bekannt.

Das Buch „Brieffreundschaft mit einem Serienmörder“ dokumentiert den Briefkontakt, den die Diplom-Pädagogin und Therapeutin Petra Klages mit dem Ripper hatte. Dieser wird zwar (um der Anonymität Willen) „Axel F.“ genannt, allerdings sind die Informationen so leicht herauszufinden, dass diese (notwendige?) Anonymisierungsmethode hier zwar erwähnt, aber nicht beibehalten wird. Entgegen der typisch deutschen Berichterstattung über den Fall, welche (wie so oft) zwischen sensationslüstern, eindimensional und gefährlich halbwissend schwankte, kommt hier auf über 300 Seiten der Täter selbst zu Wort, was dem interessierten Leser natürlich den perfekten Einblick in die Gefühlswelten, persönlichen Tragödien und Taten Gusts verschafft. Insofern überrascht es kaum, dass „Brieffreundschaft mit einem Serienmörder“ ein sehr intensives Werk ist, bei dem der Werbespruch „Ein Buch, das erschüttert“ keinesfalls so unangebracht ist, wie es bei vielen Filmen und Büchern, die sich ähnlich geartete rhetorische Schuhe anziehen, der Fall ist.


Donnerstag, 17. April 2014

REVIEW: VALERIE - EINE WOCHE VOLLER WUNDER (Jaromil Jires, 1970)




Im Leben der jungen Valerie gehen merkwürdige Dinge vor sich. Sie erblickt häufig eine seltsame, geisterhafte Gestalt, die ihr nachzustellen scheint. Dieser Verdacht erhärtet sich, als sie davon in Kenntnis gesetzt wird, dass dieses Geschöpf sie begehrt. Es verschafft sich Zugang zu ihrem Haus und nistet sich ein. Gefährliche Intrigen werden gesponnen. 



„Valerie – Eine Woche voller Wunder“ ist ein 1970 gedrehter Film aus Tschechien. Regisseur Jaromil Jires verfilmt den gleichnamigen Roman des Autors Vitezslav Netzval aus dem Jahre 1945 als surrealistisches Werk, das irgendwo zwischen Horror und Fantasy einzuordnen ist. Die Mysterien und Gefahren, denen Valerie sich stellen muss, offenbaren sich langsam und im Verborgenen, sodass der gesamte Film mystisch und träumerisch wirkt. Neben den grandiosen Sets besticht „Valerie – Eine Woche voller Wunder“ nicht zuletzt durch eine hoch erotische und sinnliche Komponente.


Mittwoch, 9. April 2014

REVIEW: CARSTEN VOLLMER - ARBEIT NUMMER 19 (Noise, L. White Records)



Carsten Vollmer ist ein seit seit längerer Zeit aktiver Noise Künstler aus Deutschland. In den Jahren von 1996- 1999 und dann wieder ab 2005 nahm er mehrere Alben und Splitveröffentlichungen (u.a. mit Irikarah) auf. Hierbei tragen mehrere Releases den Titel „Arbeit Nummer...“, was auch bei der 2011 erschienen CD „Arbeit Nummer 19“, welches sein aktuellstes Vollalbum darstellt, der Fall ist.

„Arbeit Nummer 19“ ist Noise um des Noises Willen, so ähnlich wie man es von einigen japanischen Musikern aus dem Bereich kennt. Die Aufmachung ist minimalistisch, Vocals gibt es keine und auch die Liedtitel („Frequenz“ Nr....) lassen keinen Rückschluss auf eine eventuelle Aussage oder Ähnliches zu. Die Klänge stehen also ganz klar im Vordergrund.


Sonntag, 6. April 2014

REVIEW: KARL DENKE - DER KANNIBALE VON MÜNSTERBERG (Armin Rütters, Kirchschlager Verlag)




Karl Denke, auch Vater Denke genannt, war ein deutscher Serienmörder und Kannibale, der ungefähr zeitgleich mit Fritz Haarmann in Schlesien sein Unwesen trieb. Der kauzige alte Junggeselle lockte eine Vielzahl von Menschen in sein Haus, woraufhin er sie umbrachte und verspeiste. Denke beging Selbstmord, als er in Untersuchungshaft saß und somit wirft der Fall bis zum heutigen Tage einige Fragen auf. 



Kannibalismus ist ein Thema, welches in der deutschen Serienmördergeschichte häufiger aufzutauchen scheint. Viele erinnern sich sicherlich noch an Armin Meiwes, den Kannibalen aus Rothenburg, welcher die Genitalien eines Mannes verspeiste, den er in einem Forum für derart ausgerichtete Menschen kennenlernte und Friedrich Haarmann, der ein homosexueller, sadistischer Triebtäter war und dem nachgesagt wurde, dass er das Fleisch seiner Opfer verkaufte. Obwohl sich die breite Masse für solche Verbrechen zu interessieren scheint, gibt es eine Vielzahl von beachtenswerten Taten und Tätern, welche gänzlich unbeachtet zu bleiben scheinen. Auch Denke ist einer dieser „vergessenen“ Mörder und das obwohl sein Fall gravierende Ähnlichkeiten zu den Obengenannten aufweist und sich bei näherem Hinschauen in manchen Teilen sogar als interessanter herausstellt. Nachdem in den ersten beiden „Historische Serienmörder“ Bänden jeweils mehrere Täter vorgestellt wurden, widmet sich der dritte Teil „Karl Denke – Der Kannibale von Münsterberg“ von Armin Rütters ausschließlich dem Menschenfresser und erweist sich darüber hinaus auch als extrem brauchbare Sammlung von zeithistorischen Dokumenten über den Fall.

Donnerstag, 3. April 2014

REVIEW: GOD BLESS AMERICA (Bobcat Goldthwait, 2011)




In einer unmoralischen, konsumorientierten Gesellschaft finden sich ein von Rückschlägen gebeutelter Mann und ein durchgedrehtes Schulmädchen zusammen, um gegen die Umtriebe, die sie so sehr stören, vorzugehen. Dies tun sie natürlich mit brachialer Waffengewalt. Nach einigem Zögern werden sie zu einem eingespielten Team und ziehen meuchelnd durch die Staaten. Der letzte Coup soll etwas Großes werden, was die TV-Nation Amerika erschüttern soll.



Sozial- und Medienkritik ist heutzutage fast schon so alltäglich, wie es die Medien selbst sind. Gerade in dem Filmbereich, der gängigerweise mit der Worthülse „kontrovers“ umschrieben wird, ist es wohl schwer einen Film zu finden, der nicht ansatzweise gesellschaftskritisch ist, oder zumindest von übereifrigen Fans in diese Ecke gestellt werden kann. Innerhalb dieser Flut von zu konsumierbaren und abgedroschenen filmischen Äquivalenten zu leeren Phrasen schafft „God Bless America“ es jedoch als verhältnismäßig frisches, bitteres und böses Werk herauszustechen. Der tragikomische, anarchische Beitrag von Bobcat Goldthwait (der übrigens eine der tragenden Rollen in der „Police Academy“ Reihe spielte) wurde sehr gut aufgenommen und auf vielen der gängigen Plattformen außerordentlich positiv bewertet. Hierfür gibt es eine hohe Anzahl von Gründen, welche allesamt nicht von der Hand zu weisen sind. Inwiefern eine solch groteske Gesellschaftskritik auf fruchtbaren Boden stößt, hängt natürlich stark vom Zuschauer und seinem Weltbild ab, dass „God Bless America“ um einiges mehr ist, als ein „Natural Born Killers“ Rip-Off, ist jedoch zu keiner Sekunde anzuzweifeln. 


Mittwoch, 2. April 2014

SPECIAL: ABGRÜNDIGE MÄRCHEN - KERASCOETS "SCHÖNHEIT" UND "JENSEITS"





Die Geschichten und Illustrationen des französischen Comiczeichners Kerascoet bestechen durch eine kindliche Schönheit, hinter der sich jedoch mitunter ein sehr realistisches und boshaftes Antlitz versteckt. Seine beiden Grapic Novels „Schönheit“ und „Paradies“ wirken wie Märchen der Gebrüder Grimm und erzählen Geschichten voller Herzlichkeit und Verzückung, doch trotz der offensichtlich dargestellten Unschuld, brodelt Böses unter der Oberfläche. Ebenso wie die Geschichten, schwanken auch die Zeichnungen zwischen simpler Cartoonhaftigkeit und künstlerischem Detailreichtum, was sein Werk in einer beachtlichen Vielfalt erstrahlen lässt.



Die dreiteilige Geschichte „Schönheit“ handelt von der einfachen Magd Morue, welche sehr unter ihrem hässlichen Äußeren leidet. Sie startet als Aschenputtel, die täglich erniedrigt und als Haussklavin gehalten wird. Ihr Glück dreht sich, als sie eine Träne des Mitleids über eine Kröte vergießt, welche sich daraufhin in die Fee Mab verwandelt. Diese belegt sie mit einem Zauber, der sie in den Augen aller anderen Menschen wunderschön erscheinen lässt. Nachdem die anderen Frauen des Dorfes Morue aus Neid vertreiben, wobei ihre Mutter zu Tode kommt, findet sie Unterschlupf beim Fürsten Eudes. Obwohl die beiden sehr glücklich sind, redet Mab ihr ein, dass sie Besseres verdient habe und so macht Eudes sich nach einem Streit auf um Reichtum zu erlangen. Die Beziehung zerbricht und Morue, welche ab sofort nur noch „Schönheit“ genannt wird, wird die Frau des Königs. Doch als ein Krieg zwischen dem Königreich des Nordens und dem des Südens ausbricht, offenbart sich immer mehr, dass die neugewonnene Schönheit mehr Fluch als Segen ist.
„Paradies“ erzählt die Geschichte von Aurora, Hektor und Plim, welche während eines gemütlichen Imbisses in einen schleimigen Tunnel katapultiert werden und als winzig kleine Wesen am anderen Ende herauskommen. Sie nisten sich um die Leiche eines toten Mädchens ein und leben in einer Gemeinschaft mit den Tieren des Waldes und anderen Winzlingen. Doch mit der Zeit stellt sich heraus, dass Zwietracht unter den kleinen Lebewesen und Probleme mit den Tieren das harmonische Zusammenleben auf Dauer gefährden.