Es ist interessant zu
betrachten, welche Kriminalfälle einen größeren Bekanntheitsgrad
erreichen und welche nicht. Natürlich bleiben die Gewalttaten im
eigenen Land selten unbeachtet, selbiges gilt für die Verbrechen,
welche sich durch eine enorme Grausamkeit auszeichnen und natürlich,
angefacht durch mediale Stilisierung, die amerikanischen Serienmörder
und Amokläufer. Das vom Kirchschlager Verlag herausgegebene Buch
„Der Mädchenmörder Hugo Schenk – Österreichs große
Kriminalfälle“ macht einem klar, wie viele bemerkenswerte
Verbrechen (welche sich in diesem Fall sogar im unmittelbaren
Nachbarland zugetragen haben) unbeachtet bleiben.
„Der Mädchenmörder
Hugo Schenk – Österreichs große Kriminalfälle“ ist nicht –
wie der Name vielleicht vermuten lässt – eine Monographie über
den besagten Mörder, sondern stellt eine chronologisch angeordnete
„Sammlung“ von fünf Morden und Verbrechen dar, welche jeweils
auf circa 20 bis 50 Seiten vorgestellt werden. Den Anfang macht das
Kapitel „Der Raubmörder Severin von Jaroszynski“, in dem es um
den Mord an einem alten Universitätsprofessor geht. Nach der
erschreckenden Geschichte der Giftmörderin Therese Braun geht es
weiter mit „Der Briefdieb Karl Kalab“ und dem längsten und
namensgebenden Kapitel über den Meuchelmörder Hugo Schenk. Den
Abschluss macht „Das unheimliche Verbrechen an Dr. Anna Stein“.
Die Taten sind gut
ausgesucht bestechen durch ihren Abwechslungsreichtum. Anstatt sich
nur auf oberflächliche Kriterien zu beschränken, hat man
offensichtlich Wert darauf gelegt, Geschichten aufzunehmen, welche
auf unterschiedliche Arten „besonders“ sind. So zeichnet sich der
Fall der Giftmörderin Therese Braun durch eine verachtenswerte
Gefühlskälte und einen unverständlichen Ausgang aus. Am obskursten
könnten jedoch die Briefdiebstähle des Karl Kalab sein, da einem
erst nach und nach die Tragweite dieser vermeintlichen Bagatelle
bewusst wird. Obwohl alle Geschichten lesenswert sind und man
Füllmaterial vergeblich sucht, weiß das Kapitel über Hugo Schenk
mit Abstand am meisten zu gefallen. Die Geschichte des gewissenlosen
Frauenmörders und seinen Komplizen wird mit großer Genauigkeit
erzählt und mit einer Vielzahl von sehr interessanten Bildern
unterlegt, sodass sich der Fall offen vor einem ausbreitet und alle
Details ans Licht kommen.
Das Buch überzeugt vor
allem durch den Stil, in dem die Geschichten vorgetragen werden.
Statt bloß Fakten aneinanderzureihen, verfolgt Autor Kirchschlager
einen eher narrativen Stil, welcher den Leser lange im Dunkeln lässt
und durch den gekonnten Einsatz von lebhaften Schilderungen und einem
dezent erzeugten Spannungsaufbau zu gefallen weiß. So fühlt man
sich bei den grausigen Schilderungen in der Geschichte über den Mord
an Anna Stein fast schon einen klassischen Detektivkrimi ala Arthur
Conan Doyle erinnert. Dennoch ist „Der Mädchenmörder Hugo Schenk
– Österreichs große Kriminalfälle“ genauso sachlich und
gewissenhaft recherchiert und belegt, wie man es von den anderen
Werken des Verlages gewohnt ist. Die Gedichte Schenks sind übrigens
eine sehr nette und ausgefallene Beigabe.
Fazit: Kurzweiliges,
interessantes und abwechslungsreiches Buch über fünf
außergewöhnliche Verbrechen in Österreich. „Der Mädchenmörder
Hugo Schenk – Österreichs große Kriminalfälle“ verschafft auf
gewohnt vorbildhafte Weise Einblick in Fälle, die wohl für den
Großteil der Leserschaft absolutes Neuland sind. Deshalb (aber nicht
nur deshalb) ist der Kauf dieses Buches, bei dem es rein gar nichts
zu bemängeln gibt, angeraten!
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