Mittwoch, 28. August 2013

REVIEW: ANTI-SOCIAL REALISM ARTBOOK (Aspa, Markkula, Siikala)



"Anti-Social Realism watet durch die dunkelsten Ecken des menschlichen Geistes und akzeptiert und feiert die gewaltätigen und schmutzigen Interessen und Triebe. Er thematisiert Missbrauch, Erniedrigung, Versachlichung und Lüste jenseits der Fähigkeit das Wohlergehen, den Wert und den auf die Misshandlung folgenden emotionalen Schaden des jeweiligen realen oder hypothetischen Objektes, in Kauf zu nehmen. Er zeigt keine Reue gegenüber seiner Thematik und entschuldigt sich nicht für die Herangehensweise". Diese unmissverständlichen Worte liest man, sobald man das Anti-Social Realism Kunstbuch aufschlägt. Der einleitende Text ist jedoch nicht nur eine Beschreibung der eigenen Herangehensweise, sondern auch eine offene Kampfansage an die humanistischen Werte und die vermeintlich zahmen Künstler,  welche man in der heutigen Kunstlandschaft antrifft. Von Anfang an ist klar, dass man es hier mit einem Projekt zu tun hat, welches sich selbst sehr ernst nimmt und bereit ist, seine Botschaft auf sehr verstörende Weise zu übermitteln. Die drei finnischen Künstler Mikko Aspa (Grunt, Clandestine Blaze uvm), Pasi Markkula (Bizarre Uproar) und Jukka Siikala halten Wort: jeder hat einen ganz eigenen Stil, doch jeder zeigt unvorstellbare Grausamkeiten und Perversionen, welche selbst Freunde der radikalen Kunst in dieser Form selten zu Gesicht bekommen haben. 



Den Anfang bilden die Werke von Mikko Aspa, welcher, laut Eigenaussage, die Triebe aus der Sicht des männlichen Sexualstraftäters bzw. sexuell aggressiven Mannes darstellen möchte. Seine Collagen wurden so bearbeitet, dass sie alt und abgegriffen aussehen und somit den Verfall verkörpern, der ein zentraler Aspekt im Schaffen des Künstlers ist. Die männliche, sexuelle Aggression ist in so gut wie jedem Bild spürbar. Fast alle zeigen Frauen in erniedrigenden Situationen, sexuelle Ausbeutung und pure Gewalt.



Interessant ist hierbei, wie Aspa gekonnt mehrere Leitmotive erschafft und miteinander verknüpft. So taucht auf vielen Collagen Bildmaterial aus faschistischen Regimen auf, welches, im Zusammenspiel mit der Bearbeitung des Bildes und der pornographischen Natur des Materials, eine ganz eigene Energie erzeugt. Eine perfekte Symbiose aus Morbidität und der uneingeschränkten Verherrlichung von zerstörerischen Trieben. Das Opfer ist  immer im Vordergrund. Viele seiner Werke zeigen gefesselte und geknebelte weibliche Opfer und Frauen, die in Nahaufnahme an erregierten Penissen lutschen. Gerade die "Vintage Blowjob Reihe" ist ein Paradebeispiel für die Art, in der Aspa (übrigens auch Herausgeber pornographischer Zeitschriften und bekennender Pornographie Enthusiast) gewalttätigen Sex und Viktimisierung darstellt. Interessant ist auch das Material mit dem gearbeitet wurde. Neben den speziell bearbeiteten Bildern wurden die Collagen auch auf Unterwäsche, Baseballschläger und Masken gedruckt. 





Jukka Siikala präsentiert uns, im Gegensatz zu seinem Vorgänger, keine Collagen, sondern Gemälde. Und eines muss man gleich am Anfang sagen: Siikala ist ein absolut begnadeter Künstler. Seine Bilder sind nahezu fotorealistisch und dennoch absolut stilsicher konstruiert, sodass man zunächst einmal anhand dieses unbeschreiblichen Talentes staunen muss. So wunderschön wie seine Zeichenkunst ist, so widerwärtig und abstoßend ist das, was sie zeigt. Die eine Seite von Siikalas Schaffen zeigt uns reine Perversion, realistisch, ungeschönt und detailliert. Mongoloid aussehende Frauen, denen Sperma im Gesicht hängt, 70 jährige  Rentnerrinen, die an Gliedern saugen und Männer, die Frauen ihre Genitalien ins Gesicht drücken. Dies sind nur einige Beispiele von Siikalas Kunstwerken.



Siikalas andere Seite ist weitaus weniger realistisch: großflächige Bildfehler, verwischte Konturen und Verpixelungen, wie man sie bei fehlerhaften Computerdateien findet, werden hier dargestellt. Dies mag auf den ersten Blick etwas befremdlich wirken, ist jedoch beim zweiten Hinschauen mehr als interessant und reiht sich nahtlos in den Kontext seines Schaffens ein. Auf der einen Seite die Bildstörungen, in denen man noch schemenhaft sexuelle Szenen erkennen kann, auf der anderen Seite eine Ansammlung von Pornobildern. Es wirkt, als würde man einen x-beliebigen Pornoclip streamen. Die absolut unästhetische und fast schon banale Darstellung dieser Bilder, gepaart mit Siikalas Talent, spiegelt das Manifest mit jedem Pinselstrich wider.


Der letzte Künstler, der uns seine Vision des antisozialen Realismus aufzeigt, ist Pasi Markkula. Seine Collagen bestehen aus scheinbar willkürlich zusammengefügten Bildern, die ausschließlich minderwertigsten Schmutz und absolute Widerwärtigkeit zeigen. In Markkulas Werken ist noch nicht einmal eine Spur von Schönheit auszumachen: Bilder hungernder afrikanischer Kinder, entstellte Menschen, Nahaufnahmen von Kot, der aus Aftern ausgeschieden wird, klaffende (beschnittene?) Vaginas und schrumpelige Brüste, unsauber ausgerissen, offenbar in Rage auf Karton geklebt und mit Blut bespritzt bzw mit toten Fliegen beklebt.




Markkulas Koprophilie und Fetisch für alles Schmutzige ist absolut echt. Neben den oben genannten Bildern benutzt er auch Bilder aus privaten SM und Kaviar Sessions, die er mit einer befreundeten Domina abhält. Im einleitenden Text steht, dass Markkula mit seinen Werken nichts darstellen will, außer Hass, Lust, Schmutz und Gewalt. Dies ist ihm absolut gelungen. Seine Collagen haben keine Struktur und sind alles andere als subtil, aber gerade deshalb sind sie so genial. Es besteht kein Zweifel an der Authentizität des Künstlers und seines Schaffens. Markkulas Bilder sind genauso anti-sozial, wie sie realistisch sind. 




Fazit: Eine grandiose Idee wurde von Aspa, Siikala und Markkula noch grandioser umgesetzt. Alle drei liefern interessante Interpretationen des ein und selben Grundgedankens und haben jeweils einen völlig eigenen Geist vorzuweisen. Aspa's Teil wirkt verrottet, gefährlich und bösartig, wohingegen Siikala mit photorealistischer Pornographie überzeugt und Markkula am tiefsten im Dreck wühlt und gänzlich auf alles "künstlerische" verzichtet. Alle drei Teile überzeugen vollends und beleben eine Idee, die menschenverachtender, perverser und krankhafter nicht sein könnte. Kein pathetisches Gewinsel über die böse, böse Welt, nur reine Verherrlichung von Gewalt und Unmenschlichkeit.


Anti-Social Realism TUMBLR (Achtung, extrem!) 


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