Freitag, 27. Februar 2015

SPECIAL: DIE OKKULTEN LEHREN DES KENNETH GRANT - TEIL I




Auch wenn der Name Kenneth Grant in den Ohren derer, die sich nicht allzu sehr mit Okkultismus beschäftigen, vielleicht nicht allzu bekannt klingen mag, sind seine Errungenschaften in diesem Bereich sehr zahlreich. Der britische Okkultist, welcher übrigens unter Seinesgleichen relativ stark polarisiert, war nicht nur ein Schüler Aleister Croleys, sondern auch ein persönlicher Freund von Austin Osman Spare und Begründer des Typhonian O.T.O. (Ordo Templi Orientis). Darüber hinaus war Grant auch als Autor tätig und verfasste unter anderem die drei typhonischen Trilogien, zu denen auch „Die Nachtseite von Eden“ und „Schattenkulte“ gehören. In diesen werden verschiedene okkulte Themen mit starker Gewichtung auf Thelema und den Lehren Crowleys behandelt, wobei beide Bücher jeweils andere Schwerpunkte aufweisen.


„Schattenkulte“, welches übrigens das abschließende dritte Buch der ersten typhonischen Trilogie ist, befasst sich mit den verschiedenen Ausprägungen des linkshändigen Pfades und stellt eine Menge verschiedener Ansätze vor, welche oftmals aus gänzlich anderen Kulturkreisen und Zeitaltern stammen. So geht Grant neben der in dem Bereich quasi omnipräsenten ägyptischen Mythologie („Der drakonische Kult des alten Khem“) am Anfang des Buches auch auf frühe afrikanische Systeme ein, welche laut ihm zu den frühsten Ausprägungen dieser Strömung gehören. Eines der interessantesten Abschnitte von „Schattenkulte“ widmet sich dem Kult der Feuerschlange Kundalini, welcher im Bezug zum indischen Tantra gesetzt wird. Vor allem hier offenbart sich der scharfe, analytische Anspruch, welche Grants Werke erheben und der als ein Resultat seiner jahrelangen Erfahrungen und Recherchen zu sehen ist. 



So ist es nicht verwunderlich, dass der Abschnitt über Aleister Crowley und seine Lehren, welcher in zwei Kapitel namens „Der Kult des Tieres“ aufgeteilt ist, zu den bemerkenswertesten und wertvollsten gehört, die es gibt. Da der Autor, wie oben erwähnt selbst ein Schüler Crowleys, quasi an der Quelle saß, sind seine Bemerkungen sehr tiefgründig und durchdacht, gerade was das Kernprinzip des „wahren Willens“ angeht. Gerade hier zeigt sich, dass die zugrundeliegenden Prinzipien für „Eingeweihte“ um einiges komplexer sind, als es oberflächlichere und generalisierende Ansätze oftmals zu sein scheinen. Es muss auch erwähnt werden, dass Grant kein bedingungsloser Crowley-Huldiger ist, sondern dass er den bekannten Magier in seinen späteren thelemitischen Projekten sogar bis zu einem gewissen Grad ausgeklammert hat, worin (unter anderem) die weiter oben beschriebenen Zerwürfnisse mit manchen Okkultisten begründet sind. Diesen kritischen Aspekt behält er in verstärkter Form im Kapitel „Frater Achad und der Kult von Ma-Ion“ bei. Jedoch verschafft „Schattenkulte“ zunächst einmal einen Überblick über die einzelnen Wirkungsmechanismen - die subjektiven Wertungen werden hinten angestellt. Besondere Erwähnung soll an dieser Stelle noch das überaus gelungene finale Kapitel über Austin Osman finden.



Im Vergleich hierzu gestaltet sich „Die Nachtseite von Eden“, das den Anfang der zweiten Trilogie bildet, um einiges spezifischer, was die Thematik angeht. Das Buch widmet sich quasi ausschließlich der Erforschung der Qliphoth, dem kabbalistischen Baum des Todes. Grant hat sich mit seiner New Isis Lodge jahrelang mit diesem Konzept auseinandergesetzt und demzufolge ist „Die Nachtseite von Eden“ extrem packend und facettenreich ausgefallen. Ebenso wie „Schattenkulte“ sind sehr viele Bilder und Grafiken enthalten, welche dem Leser dabei helfen, die Ideen griffiger zu machen.

Die erste Hälfte des zweigeteilten Buches stellt eine Art Einführung in die qliphothische Welt dar, welche natürlich in reger Interaktion mit dem linkshändigen Pfad, der Sexualmagie und der Meditation steht. Die einzelnen Kraftzonen der Qliphoth, der Eingang in seine Sphären und auch die Gefahren werden haarklein beschrieben und deren kabbalistische und magische Facetten deutlich gemacht. Hier ist „Die Nachtseite von Eden“ durchaus mit „Schattenkulte“ vergleichbar, was die Herangehensweise angeht. Der zweite Teil heißt „Die Tunnel Seth's“ und befasst sich, wie der Name schon verrät, mit den einzelnen Gängen der Qliphoth, ihren Hütern und der Art, in der man Zutritt zu ihnen erlangen kann. Natürlich wird hier auf die jeweiligen Eigenschaften dieser Tunnel und die damit einhergehenden Bewusstseinszustände und gefährlichen Aspekte eingegangen.



Sowohl „Schattenkulte“ als auch „Die Nachtseite von Eden“ stellen intelligente, ausführliche und herausragende Werke über den Okkultismus dar, welche zwar sicherlich alles andere als einsteigerfreundlich, dafür aber umso lohnenswerter sind. Kenneth Grants Darlegungen und Ideen sind in höchstem Maße faszinierend und auf intensive Art beschrieben. Absolut essentiell!

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