Serienmörder sind ein Thema, das man wohl primär aus den
Tagesnachrichten kennt und das die meisten Menschen wohl automatisch mit
unserer heutigen Zeit assoziieren. Dass es jedoch weit vor Bundy, Gacy, Dahmer
und co. Serienmorde und –mörder gab, beweist der ambitionierte Kirchschlager
Verlag, der seit 1995 anspruchsvolle Sachbücher im Bereich Kriminal- und
Rechtsgeschichte herausbringt und vom Diplom-Historiker Michael Kirchschlager
geleitet wird. Im Hörbuch „Pandaemonium – Das Buch der Verbrechen“ werden einige
der grausamsten Mörder des Mittelalters vorgestellt.
Nach einer kurzen Einführung beginnt das Hörbuch mit der
Erzählung der Bean Familie aus Schottland. Dieser über 40 Mann starke Clan soll
eine gesamte Ortschaft in Angst und Schrecken versetzt haben und Menschen
geschlachtet und zu Fleisch verarbeitet haben. Weiter geht es mit dem
grauenerregenden Fall des wohlbekannten Päderasten, Sadisten und Mörder Gilles
de Rais, welcher im 15. Jahrhundert hunderte von Menschen, allen voran Kinder, missbraucht,
gequält und getötet hat. Nach dieser grausigen Geschichte wird der Raubmörder Christman
Gniperdoliga vorgestellt, welcher über 900 Menschen aufgelauert und sie
ermordet haben soll.Kurz darauf werden die sogenannten „Mordvögel“ vorgestellt
und nach einem Exkurs in die Welt der mittelalterlichen Foltermethoden und
Rechtssprechung, bei dem auch auf verschiedene perverse Missetaten, die im
Bezug zur schwarzen Magie standen, analysiert werden, endet das Hörspiel mit der
Geschichte vom Wirt Gregor Rühel, der hinterrücks die Gäste seines Wirtshauses
in den Tod getrieben hat.
Gilles de Rais |
Die Thematik ist denkbar hart und die einzelnen Fälle und
Personen könnten nicht interessanter sein. Die Präsentation macht von Anfang an
klar, dass das Werk aus dem Hause Kirchschlager (so wie man es von ihm gewohnt
ist) absolut nichts mit den reißerischen Berichten oder den viertklassigen
Büchern von Horrorautoren über das Thema gemeinsam hat. Man merkt, dass hier
Menschen am Werk waren, die etwas von ihrem Gebiet verstehen und die Arbeit
ernstnehmen. Jeder Fall wird zeitlich eingeordnet und kritisch beleuchtet. Trotz
der wissenschaftlichen Herangehensweise macht Pandaemonium Spaß. Man hat es
geschafft, die perfekte Mitte zwischen Historie und „Unterhaltung“ zu finden
(mag in diesem Zusammenhang makaber klingen, aber Freunde der Thematik werden
wissen, was gemeint ist) und präsentiert alle nötigen Fakten, ohne auch nur einen
Satz lang zu langweilen oder das Gefühl zu vermitteln, man würde die
kulturhistorische Relevanz zugunsten einer Schlachtpalette vernachlässigen.
Pandaemonium macht es – als einer der wenigen Vertreter seines Gebietes – genau
richtig und offenbart neben einem hohen Maß an Kompetenz auch den nötigen
Riecher für Dramatik und Spannung.
Die Geschichten selbst sind gut gewählt und stellen wirklich
schaurig-märchenhafte Beispiele dafür
dar, wozu Menschen in der Lage sein können. Vor allem die extrem drastische
Schilderung der Exzesse des Gilles de Rais ist schwer verdaulich und erzeugt
ein weitaus mulmigeres Gefühl, als es eine verklärtere, schwärmerische
Darstellung täte. Der Fokus liegt ganz klar auf den Taten des jeweiligen Mörders,
welche stellenweise wirklich haarklein geschildert werden. Doch wie oben
beschrieben besteht nie ein Zweifel daran, dass „Pandaemonium“ ernste und
wichtige Arbeit darstellt, die für Serienmörder-Interessierte,
(Hobby-)Historiker und kriminalgeschichtlich interessierte Zuhörer zugleich von
Belang ist. Sehr interessant sind vor allem die Passagen, in denen die Folter-
und Hinrichtungsmethoden des Mittelalters vorgestellt werden. Gerade diese
stellen einen wirklich interessanten Exkurs über ein Thema dar, welches leider
viel zu häufig zu kurz kommt, wenn die Epoche behandelt wird.
Doch nicht nur das Buch, auch die Produktion ist ein voller
Erfolg. Als Sprecherin und Sprecher fungierten Tina Treml und Michael
Kirchschlager und gerade letzterer kann durch seine sonore Erzählstimme und den
sympathisch klingenden, dezenten Dialekt sehr überzeugen. Vor allem die
mittelalterliche Musik der Familie Treml ist ein sehr netter Bonus, der für das
nötige Maß an Atmosphäre sorgt und das durch und durch gelungene Release
perfekt abrundet.
Fazit: Hochinteressant, wissenschaftlich, spannend und
grausam. „Pandaemonium – Das Buch der Verbrechen“ ist weder prä-pubertäre
Fanfiction noch trockener Geschichtsunterricht, sondern ein ausgeklügeltes,
gewieftes Hörbuch, das man nicht besser hätte aufziehen sollen. Es steht außer
Frage, dass der Kirchschlager Verlag auf seinem Gebiet eine Monopolstellung
innehat und „Pandaemonium“ zeigt erneut, warum dies der Fall ist. Bahnbrechende
Arbeit, und furchteinflößende Mörder – ein voller Erfolg.
Version: Die limitierte CD kann man beim Kirchschlager
Verlag beziehen: Kirchschlager Shop+
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