Sonntag, 9. Februar 2014

REVIEW: PANDAEMONIUM - DAS BUCH DER VERBRECHEN VOL. 1 (Hörbuch, Kirchschlager Verlag)





Serienmörder sind ein Thema, das man wohl primär aus den Tagesnachrichten kennt und das die meisten Menschen wohl automatisch mit unserer heutigen Zeit assoziieren. Dass es jedoch weit vor Bundy, Gacy, Dahmer und co. Serienmorde und –mörder gab, beweist der ambitionierte Kirchschlager Verlag, der seit 1995 anspruchsvolle Sachbücher im Bereich Kriminal- und Rechtsgeschichte herausbringt und vom Diplom-Historiker Michael Kirchschlager geleitet wird. Im Hörbuch „Pandaemonium – Das Buch der Verbrechen“ werden einige der grausamsten Mörder des Mittelalters vorgestellt.

Nach einer kurzen Einführung beginnt das Hörbuch mit der Erzählung der Bean Familie aus Schottland. Dieser über 40 Mann starke Clan soll eine gesamte Ortschaft in Angst und Schrecken versetzt haben und Menschen geschlachtet und zu Fleisch verarbeitet haben. Weiter geht es mit dem grauenerregenden Fall des wohlbekannten Päderasten, Sadisten und Mörder Gilles de Rais, welcher im 15. Jahrhundert hunderte von Menschen, allen voran Kinder, missbraucht, gequält und getötet hat. Nach dieser grausigen Geschichte wird der Raubmörder Christman Gniperdoliga vorgestellt, welcher über 900 Menschen aufgelauert und sie ermordet haben soll.Kurz darauf werden die sogenannten „Mordvögel“ vorgestellt und nach einem Exkurs in die Welt der mittelalterlichen Foltermethoden und Rechtssprechung, bei dem auch auf verschiedene perverse Missetaten, die im Bezug zur schwarzen Magie standen, analysiert werden, endet das Hörspiel mit der Geschichte vom Wirt Gregor Rühel, der hinterrücks die Gäste seines Wirtshauses in den Tod getrieben hat.

Gilles de Rais



Die Thematik ist denkbar hart und die einzelnen Fälle und Personen könnten nicht interessanter sein. Die Präsentation macht von Anfang an klar, dass das Werk aus dem Hause Kirchschlager (so wie man es von ihm gewohnt ist) absolut nichts mit den reißerischen Berichten oder den viertklassigen Büchern von Horrorautoren über das Thema gemeinsam hat. Man merkt, dass hier Menschen am Werk waren, die etwas von ihrem Gebiet verstehen und die Arbeit ernstnehmen. Jeder Fall wird zeitlich eingeordnet und kritisch beleuchtet. Trotz der wissenschaftlichen Herangehensweise macht Pandaemonium Spaß. Man hat es geschafft, die perfekte Mitte zwischen Historie und „Unterhaltung“ zu finden (mag in diesem Zusammenhang makaber klingen, aber Freunde der Thematik werden wissen, was gemeint ist) und präsentiert alle nötigen Fakten, ohne auch nur einen Satz lang zu langweilen oder das Gefühl zu vermitteln, man würde die kulturhistorische Relevanz zugunsten einer Schlachtpalette vernachlässigen. Pandaemonium macht es – als einer der wenigen Vertreter seines Gebietes – genau richtig und offenbart neben einem hohen Maß an Kompetenz auch den nötigen Riecher für Dramatik und Spannung.

Die Geschichten selbst sind gut gewählt und stellen wirklich schaurig-märchenhafte  Beispiele dafür dar, wozu Menschen in der Lage sein können. Vor allem die extrem drastische Schilderung der Exzesse des Gilles de Rais ist schwer verdaulich und erzeugt ein weitaus mulmigeres Gefühl, als es eine verklärtere, schwärmerische Darstellung täte. Der Fokus liegt ganz klar auf den Taten des jeweiligen Mörders, welche stellenweise wirklich haarklein geschildert werden. Doch wie oben beschrieben besteht nie ein Zweifel daran, dass „Pandaemonium“ ernste und wichtige Arbeit darstellt, die für Serienmörder-Interessierte, (Hobby-)Historiker und kriminalgeschichtlich interessierte Zuhörer zugleich von Belang ist. Sehr interessant sind vor allem die Passagen, in denen die Folter- und Hinrichtungsmethoden des Mittelalters vorgestellt werden. Gerade diese stellen einen wirklich interessanten Exkurs über ein Thema dar, welches leider viel zu häufig zu kurz kommt, wenn die Epoche behandelt wird.



Doch nicht nur das Buch, auch die Produktion ist ein voller Erfolg. Als Sprecherin und Sprecher fungierten Tina Treml und Michael Kirchschlager und gerade letzterer kann durch seine sonore Erzählstimme und den sympathisch klingenden, dezenten Dialekt sehr überzeugen. Vor allem die mittelalterliche Musik der Familie Treml ist ein sehr netter Bonus, der für das nötige Maß an Atmosphäre sorgt und das durch und durch gelungene Release perfekt abrundet.

Fazit: Hochinteressant, wissenschaftlich, spannend und grausam. „Pandaemonium – Das Buch der Verbrechen“ ist weder prä-pubertäre Fanfiction noch trockener Geschichtsunterricht, sondern ein ausgeklügeltes, gewieftes Hörbuch, das man nicht besser hätte aufziehen sollen. Es steht außer Frage, dass der Kirchschlager Verlag auf seinem Gebiet eine Monopolstellung innehat und „Pandaemonium“ zeigt erneut, warum dies der Fall ist. Bahnbrechende Arbeit, und furchteinflößende Mörder – ein voller Erfolg.

Version: Die limitierte CD kann man beim Kirchschlager Verlag beziehen: Kirchschlager Shop+

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