Vanhelga ist eines der interessantesten Projekte, das der „extreme“
Metalbereich in den letzten Jahren hervorgebracht hat. Punkt. Selten hat man
solche Intensität, solche Raffinesse und so viel Verzweiflung in einer
musikalisch so grandiosen Präsentation erlebt. Ich bin sehr stolz dieses lange,
ausführliche Interview mit dem ehemals einzigen Bandmitglied 145188 und dem neu
hinzugestoßenen Lyriker und Sänger Johan Gabrielson (ex-Lifelover), in dem sie
mir über Themen wie Selbstzerstörung, ihr Heimatland Schweden, ihre Ansichten
und die vergangenen und kommenden musikalischen Leistungen Rede und Antwort
standen.
TM: Hallo! Zunächst einmal danke, dass ihr euch für
das Interview bereit erklärt habt. Euer neues Album „Sömmar“ wurde gerade
veröffentlicht. Was könnt ihr darüber sagen?
145188: Wir haben schon in der Vergangenheit einige
Releases gemacht und dieses mal wollten wir ein ruppiges, raues Release machen.
Aus diesem Drang heraus entstand „Sömmar“. I wollte immer schon eine Art „Old
School Demo“ aufnehmen. Also legte ich bei den Aufnahmen zu „Sömmar“ alles
daran, dass es auf jegliche Art erbärmlich werden würde. Ich wollte Angst,
Verzweiflung, Elend und andere positive Dinge kanalisieren und in die Gefühle
und Atmosphäre, die wir erschaffen wollten, mit einbringen.
Als ich die Drums aufnahm war ich auf mehrere Arten
total im Arsch. Ich habe die ganzen Drums vollgeblutet und brauchte
medizinische Versorgung, aber ich wollte diesen Zustand der Melancholie
einfangen, also habe ich zuerst die Aufnahmen abgeschlossen. Als ich die
Gitarren aufgenommen habe, benutzte ich einen beschissenen, kleinen Verstärker,
den ich auf dem Dachboden gefunden habe und ein beschissenes Mikrofon. Und
natürlich hatte ich immer ein stumpfes Messer um mich die ganze Zeit zu
schneiden. Vor dem Aufnehmen meditierte ich über Sachen, die für mich sehr
schmerzlich sind, um in eine gute Stimmung zu kommen. Ich trank auch Blut und
bemalte mein Gesicht und meinen Körper damit. Ich habe keine Probleme mit
meinem eigenen Blut, aber als ich das meines Freundes probierte, wurde mir
etwas schwindelig.
Ich bin sehr zufrieden mit „Sommar“ und ich muss
sagen, dass ich über den überwältigenden Zuspruch sehr erstaunt bin.
Johan Gabrielson: Es gibt nicht viel zu sagen… Es ist
meine erste Zusammenarbeit mit Vanhelga und der Prozess war ziemlich
interessant. Bevor ich die Vocals aufnahm hatte ich 145188 noch nie getroffen,
aber danach wurde mir angeboten, der Sänger der Band zu werden. Offensichtlich
war er zufrieden mit meinen Leistungen. Aus meiner Sicht heraus ist das Album
eine Art um meinen inneren Dialog auszudrücken.
TM: Euer vorheriges Album hieß „Höst“, zu deutsch:
Herbst, und die jetzige EP heißt „Sömmar“. Wieso wählt ihr Jahreszeiten als
Namen? Und was hat der Sommer mit den typischen Black Metal Ideen und Themen
gemeinsam? Merke ich da einen ironischen Unterton?
Johan Gabrielson: Ich habe die Alben nicht benannt,
also weiß ich es nicht. Jedoch leben wir in diesem „Leben“, welches mehr oder
weniger ein endloser Kreislauf ist. Es mit Jahreszeiten zu beschreiben ergibt
für mich relativ viel Sinn.
145188: Das Album heißt „Höst“ weil ich den Großteil
der Musik und der Texte während dieser Jahreszeit geschrieben hab. Ich wurde
vom Sterben der Natur usw. beeinflusst. Auch meine eigenen Gedanken waren am
sterben (nur um zu einem späteren Zeitpunkt wieder zum Leben erweckt zu
werden).
Ich glaube, dass ich die Denkensart der Leute ändern
wollte, als ich den Titel „Sömmar“ wählte. Die meisten Menschen assoziieren den
Sommer mit Glück und Freude. Ich nicht. Von allen Jahreszeiten hasse ich ihn am
meisten. Meine liebste Jahreszeit ist der Winter. Für mich ist der Sommer voll
von Anspannung und Melancholie. Ich wollte nur, dass die Leute es aus meiner
Perspektive sehen.
TM: „Sömmar“ beinhaltet all die komplexen Strukturen,
die Höst zu bieten hatte, aber die Produktion ist viel rauer und weniger glatt.
War diese Entscheidung beabsichtigt? Magst du das Resultat? Siehst du den
aggressiveren Kern und die etwas schmutzigere Produktion als einen Teil von
„Sömmar“?
145188: Es war beabsichtigt. Ja, ich mag die
Produktion von „Sömmar“, ansonsten hätte ich meine Zeit nicht damit
verschwendet.
TM: Vanhelgas Sound ist sehr melancholisch, dunkel und
stellenweise sogar wahnsinnig, aber nie primitiv. Wie lange dauert das
Komponieren?
145188: Kommt darauf an. Manche Songs werden in
weniger als 15 Minuten geschrieben, wohingegen andere über Monate oder sogar
Jahre langsam heranwachsen. Manche Songs werden sogar gemacht während wir sie
aufnehmen
TM: Was ist das Konzept hinter Vanhelga und welche
Themen werden angesprochen?
145188: In Vanhelga geht es darum, Grenzen zu
überschreiten um mit dem wahren Ich in Berührung zu kommen. Dieses dreckige
Konstrukt, in dem wir gezwungen sind zu leben, zu durchbrechen. Eine
Verspottung all jener, die armseelig versuchen sich vor der absoluten
Dunkelheit zu verstecken, die uns alle umgibt.
Johan Gabrielson: Meinerseits ist es ein Weg um innere
Dialoge auszudrücken. Und auch um die Welt zu beschreiben, in der ich lebe und
die sich von der der anderen zu unterscheiden scheint.
TM: Vanhelga ist der schwedische Ausdruck für
„schänden“. Was wollt ihr schänden?
Johan Gabrielson: Alles. Moral, Gesetze, Gesellschaft,
Vernunft.
145188: Es geht darum, alle moralischen Werte und
alles, was die Gesellschaft einem als „heilig“ aufzwingt, zu schänden. Es geht
darum deine eigene Moral und deine eigenen Werte zu erschaffen. Nicht einfach
das tun, was die Gesellschaft dir sagt und wie ein Sklave ohne Kreativität und
eigenen Willen zu leben. Es geht darum deinen eigenen Weg zu gehen. Sich selbst
kreieren. Und um sich selbst zu kreieren, muss man alles umwerten, was man
gelernt hat. Die Gesellschaft sagt zum Beispiel, dass eine Kirche heilig ist
und dass man das oder das nicht machen sollte. Ich sage „scheiß drauf“ und tu stattdessen
das, was sich für dich richtig anfühlt
TM: Wie wichtig sind die Texte? Ich erinnere mich
daran, dass längere Passagen von „Höst“ rein instrumental waren. Da eure Texte
auf Schwedisch sind, können nicht-Schweden sie nicht verstehen. Verpassen sie etwas
wichtiges, oder sind die Texte nur als Beigabe zu betrachten?
145188: Für mich war es immer am einfachsten meine
Gefühle und Inspirationen auf musikalische Art auszudrücken. Ich benutze Musik
als ein Werkzeug um meine Inspiration zu kanalisieren. Gabrielson benutzt Texte
um seine Inspiration zu kanalisieren. Beide Teile sind gleich wichtig für uns,
aber eigentlich sind sie nur verschiedene Werkzeuge, die wir benutzen um kreativ
zu sein.
Johan Gabrielson: Für mich sind die Texte sehr
wichtig. Wahrscheinlich weil ich Lyriker bin. Ich würde jedem, der Interesse
hat, Google Translate oder sowas empfehlen, um sich ein Bild zu machen. Das
liegt jedoch im Ermessen der Person, die das Album hört. Machts, wie ihr wollt.
TM: Man kann sagen, dass es sich bei Vanhelga um eine Black Metal Band
handelt. Wieso wählt ihr Black Metal um eure Gedanken zu vermitteln?
145188: Nein. Vanhelga ist Vanhelga. Wer spielen was wir wollen und wir labeln
unsere Musik nicht. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, warum Leute uns als Black
Metal Band sehen. Klar, manche unserer Mitglieder sind praktizierende Anhänger
des Left Hand Paths, aber der Musik, die wir spielen, sind keine Grenzen
gesetzt (genau wie es im LHP der Fall ist). Wenn wir einen Song schreiben, der
nicht nach einer typischen Black Metal Band klingt, werden wir ihn trotzdem
benutzen, egal was die Leute denken (sofern es für uns ein guter Song ist).
Johan Gabrielson: Weil Black Metal eine der reinsten Formen von Musik
ist. Er ist ehrlich.
TM: Die Komplexität und musikalischen Qualitäten eurer
Arbeit heben sie von traditionellen Black Metal Bands ab. Ist eine gewisse
Fortschrittlichkeit wichtig für euch? Denkt ihr, dass die Musik, die ihr
spielt, aus den Schranken des klassischen Black Metal herausbrechen muss? Seht
ihr Vanhelga als klassische Black Metal Band? Oder als das genaue Gegenteil?
Oder als ein Mittelding?
145188: Ich denke ganz und gar nicht so. Wie ich
soeben gesagt habe, erschaffen wir gänzlich ohne Grenzen. So zu denken, wie du
es andeutest, würde bedeuten, dass man sich einschränken müsse. Wir glauben an
die totale Freiheit des künstlerischen Ausdrucks.
Was Fortschritt angeht, denke ich, dass es sinnlos
ist, sich zu wiederholen. Wir erforschen ständig neue Wege und entwickeln uns
weiter. Rückschritt ist für uns uninteressant.
Johan Gabrielson: Ich würde nicht sagen, dass Vanhelga
wie irgendeine andere Black Metal Band ist. Natürlich, ist es, was das Genre
angeht, irgendwo im DSBM Bereich angesiedelt, aber es gibt auch andere
Einflüsse. Vor allem auf Höst und Sömmar.
TM: Vor einigen Jahren war der sogenannte „Depressive Suicidal Black
Metal“ durch das Aufkommen von Bands wie Shining, Lifelover, Make a Change Kill
Yourself etc. in aller Munde. Wie steht ihr zum Begriff? Würdet ihr ihn auf
Vanhelga anweden? Wieso starb der Hype so schnell?
Johan Gabrielson: Ich würde nicht sagen, dass DSBM tot ist. Ich würde
auch nicht sagen, dass man Lifelover als DSBM bezeichnen kann. Es gibt einfach
zu viele andere Einflüsse, zumindest nach „Pulver“.
Der Grund warum das Genre (in deinen Augen) ausgestorben ist und - in
meinen Worten – sich weiterentwickelt hat ist wahrscheinlich der, dass es
allein genommen kein sonderlich interessantes Genre ist. Wenn man es jedoch mit
anderen Genres (zB Post-Rock oder traditionellem Black Metal) verknüpft, kann
es sehr interessant sein. Den charakteristischen langsamen, hypnotischen
Klängen kann ich zumindest nur schwerlich widerstehen.
Klar gibt es DSBM Einflüsse in Vanhelga. Aber auch Pop-Einflüsse sind zu
finden. Man könnte wahrscheinlich viele Einflüsse finden.
145188: Keine Ahnung. Ich kenne mich nicht wirklich mit den ganzen Black
Metal Arten und ihren Bezeichnungen aus. Ich habe auch kein Interesse an Trends.
Ich richte mich in jeglicher Situation nur nach meinem eigenen Willen, egal ob
es um meinen Musikgeschmack geht, oder welche Kleidung ich trage. Solange es
Leute mit wenig oder gar keiner Willensstärke gibt, werden stärkere Personen,
die mehr Willenskraft haben, Trends erschaffen.
Manche werden als Wölfe geboren, andere als Schafe.
TM: Euer Heimatland Schweden hat viele Künstler hervorgebracht, die negative, depressive Kunst schaffen. Manche reden sogar von „Skandinavischer Misanthropie“. Warum gerade Schweden? Was ist die Verbindung zwischen einer solchen Weltsicht und diesem Land?
Johan Gabrielson: Schweden hat eine lange Tradition
voller Industrie und Alkoholismus. Anfang des 20. Jahrhunderts stand es zur
Debatte, dass Alkohol verboten wird, aber es ist nie passiert. Die Verteilung
von Alkohol wird jedoch heutzutage noch vom Staat überwacht um den Konsum zu
regulieren. Ich denke es macht die Leute hoffnungslos.
In den 1930ern wurde Amphetamin sehr beliebt. Das ist
es heute noch. Das Arbeiten in einer Industrie ist oft gleichzusetzen mit
langen und harten Schichten. Demzufolge verliebten sich viele Schweden in diese
Substanz. Und der euphorische Effekt hat die Leute darüber hinweggetröstet,
dass es in Winter fast immer dunkel ist. Dann wurde sie verboten. Und der Staat
überwachte immer noch die Trinkgewohnheiten!
Ich selbst nehme kein Speed, aber meine Theorie ist,
dass das ständige“ überwacht werden“ in Kombination mit der oben genannten
Hoffnungslosigkeit, sehr destruktiv ist. Nicht alle Schweden laufen deprimiert
oder auf Amphetaminen durch die Gegend, aber viele unterdrücken ihre Angst. Es
muss noch erwähnt werden, dass Schweden immer noch eine sehr hohe Suizidrate
hat und auch die Rate an Junkies, die an ihrer Abhängigkeit sterben, ist die höchste
innerhalb der EU.
145188: Nunja, es gibt einige interessante Theorien.
Mich persönlich interessiert es nicht und ich glaube, dass wir uns bei nichts
sicher sein können. Es liegt einfach in unserer Natur alles zu erklären, obwohl
es eigentlich gar nicht notwendig ist. Für mich ist diese Erklärerei nur eine
Verschwendung von Zeit und Kraft.
(…)
Eine weitere Erklärung könnte das Wetter hier sein,
das zwingt drinnen zu bleiben, was uns deprimiert? Wer weiß? Ich sage scheiß
auf alles und ich hoffe, dass das Ende der Existenz bald kommt.
Wie ich oben gesagt habe, habe ich keine Ahnung.
TM: Wie sehr seid ihr privat von Negativität,
Depression und Hass beeinflusst? Ist die Verzweiflung in Vanhelga 100% echt,
oder eher nicht? Macht es die Kunst ehrlicher, wenn die Person wirklich etwas
„neben der Spur“ ist, oder ist das egal?
Johan Gabrielson: Mein Leben beinhaltet Negativität
und Freude. Ich wäre niemals in der Lage gewesen, die Negativität zu benutzen
um Kunst zu erschaffen, wenn es die Phasen der Freude nicht gäbe. Und ich hätte
nichts erschaffen können, wenn die Negativität nicht wäre. Nichts ist nur gut
oder schlecht – man kann Sachen entweder bereuen, oder an den Erfahrungen
wachsen.
145188: Für mich sind Begriffe wie Depression, Hass
und Verzweiflung etwas Positives. Ich finde, dass es an diesen Sachen nichts Negatives
gibt. Die Sachen sind was du willst, dass sie sind und nur weil die
Gesellschaft sagt, dass etwas negativ ist, muss es nicht negativ sein. Ich
finde, dass jeder für sich Sachen erleben sollte und anhand davon seine eigene
Meinung erschließen und die eigene Art zu leben finden sollte.
Für mich ist es nur ein schmaler Grat zwischen jemandem,
der „neben der Spur“ ist und einem „Genie“.
TM: Ich erinnere mich gehört zu haben, dass ihr viel
von Alkohol haltet. Habt ihr auch Spaß an Drogen? Ist ein Rauschzustand ein notwendiger
Teil des Entstehungsprozesses?
145188: Ja, ich habe Spaß an Drogen, anderenfalls
würde ich sie nicht nehmen. Es ist nicht notwendig, aber man kann damit
wünschenswerte gedankliche Zustände erreichen. Drogen können einem dabei
helfen, nüchtern nicht zugängliche Seiten von einem selbst zu erforschen und davon
Gebrauch zu machen. Ich sehe Drogen als Werkzeuge. So wie ein Zimmermann sein
Messer benutzt, um einen Teppich zu schneiden, benutze ich Drogen um mein
Bewusstsein wegzuschneiden und offenzulegen. Und genau wie der Zimmermann sein
Messer benutzt, um einen Teppich zu schneiden, benutze ich mein Messer um mich
selbst zu schneiden, haha.
Johan Gabrielson: Ich war mal süchtig nach Drogen,
aber bin seit einer langen Zeit clean. Wegen meiner Medikamente versuche ich
nicht zu viel zu trinken.
TM: Wie habt ihr euch kennengelernt und wann habt ihr
euch entschlossen, zusammenzuarbeiten? Wie ist eure Arbeit als Duo so?
145188: Ich habe seinen Blog gefunden (ich glaube,
dass es ein Blog war) und ich war so beeindruckt von seiner Fähigkeit, sich in
Worten auszudrücken und ich dachte auch, dass die Sachen, die er schrieb, exakt
die selben Sachen waren, die mir oft durch den Kopf gingen. Es war ein
seltsames Gefühl, weil wir so gleich denken, dass es auch ich die ganzen
Sachen, die ich im Blog lase, hätte geschrieben haben können.
Ich wusste nicht, dass er ein Mitglied von Lifelover
war, als ich ihn anschrieb. Eigentlich war es meine Freundin, die seinen Blog
gefunden und mir empfohlen hat.
Später entschloss ich mich, ihn zu kontaktieren und zu
fragen, ob er Interesse daran hätte, einige Texte für meine Band zu schreiben
(was er glücklicherweise bejahte). So fingen wir an zusammenzuarbeiten.
Unsere Arbeit als Duo ist die reinste Magie. Anders
kann man es nicht beschreiben.
Johan Gabrielson: 145188 schickte mir eine Email, in
der er mich fragte, ob ich Texte beisteuern wolle. Ich hatte nichts Besseres zu
tun und ich schickte ihm ein paar Auszüge. Sie gefielen ihm und er fragte mich,
ob ich einige Vocals machen wolle. Ich traf ihn am Bahnhof in Linköping und wir
wurden schnell gute Freunde.
TM: Auf eurer Metal Archives Seite steht, dass
Vanhelga seit 2001 existiert. Ist das wahr?
145188: Ja, das ist wahr. Damals war ich das einzige
Bandmitglied und hatte sogar ein ganzes Album aufgenommen, welches aber nie
releast wurde. Ich glaube es ist auf einer alten externen Festplatte
gespeichert. Tracks wie „Tomrum“ und „Breaking the Chains of Creation“ wurden
zuerst für das Album aufgenommen, doch später hab ich sie neu aufgenommen und
auf dem „Enslaved by God“ Demo releast.
TM: Lass uns über die frühen Tage von Vanhelga
sprechen. Meines Erachtens hat das erste Album „Mortem Illuminate Mea“ ein
komplett anderes Feeling als die späteren Alben. Würdest du zustimmen? Welche
Themen wolltest du damals ansprechen?
145188: Ich stimme zu. Als ich an „Mortem Illuminate
Mea“ arbeitete, war ich geradezu psychotisch. Ich hatte diese ganzen
philosophischen und okkulten Gedanken, die ich irgendwie festhalten musste. Ich
wollte immer schon ein „klassisches“ Black Metal Album machen und daraus wurde „Mortem
Illuminate Mea“. Der Titel wurde sogar von einem Dissection Songtext
inspiriert.
Es sind immer noch die selben Themen (Tod, Elend, die
armselige Existenz hinter sich lassen etc.), damals hatte ich nur sehr viel mit
dem Okkulten zu tun, war davon fasziniert und habe es auch praktiziert, was man
auch ganz klar sehen wird, wenn man das Album hört.
TM: „Angest“ kam mir wie eine Art Wendepunkt vor.
Wieso hast du Vanhelga in diese Bahnen gelenkt?
145188: Es war ein sehr chaotischer Abschnitt meines
Lebens. Es kam mir vor, als würde meine gesamte Welt zusammenbrechen, damit ich
eine neue errichten könnte. Während dieser Zeit lernte ich viele Gefühle
kennen, die ich noch nicht erforscht hatte. Alles war neu für mich. Zu dieser
Zeit lernte ich die Kunst der dunklen Alchemie.
TM: „Höst“ ist ein sehr melodisches Album. Wie viel
Zeit hast du gebraucht um es zu komponieren und aufzunehmen?
145188: Schwer zu sagen. Als ich „Höst“ aufnahm dachte
ich, dass ich mehr Zeit hätte, als bei „Mortem Illuminate Mea“. Ich glaube ich
stand mehr unter Stress, als ich das erste Album aufnahm. Ich war sicher, dass
ich jeden Tag sterben würde und ich musste es alles aus mir rauskriegen, bevor
es zu spät war.
TM: Es scheint, als hättest du bei „Höst“ wenig Wert
auf die Vocals gelegt. Denkst du, dass es auch als reines Instrumental-Album
funktioniert hätte? Siehst du „Sömmar“ insofern als Weiterentwickluing, dass es
„Höst“s melodische Seite mit Vocals kombiniert?
Johan Gabrielson: Da ich nichts mit „Höst“ zu tun
hatte, würde ich mich dazu lieber nicht äußern. Ich würde sagen, dass Sommar,
was die Vocals angeht, intensiver ist.
145188: Die Vocals auf „Höst“ sind sehr experimentell.
Ich probierte verschiedene Gesangsstile aus. Ich wollte eigentlich singen, wie Gabrielson
es auf manchen Tracks tut, aber ich bin nicht gut darin. Als Gabrielson zuerst
die „Sömmar“ EP aufnahm war ich ehrlich gesagt positiv überrascht. Ich wusste
nicht, dass er so singen konnte. Ich bin schwer beeindruckt von seinen Mühen
und den Resultaten.
TM: Johan Gabrielson, du warst einmal Mitglied der
grandiosen band Lifelover. Viele (unwissende?) Leute sehen Vanhelga als
Nachfolgeprojekt von Lifelover. Was sind für dich die Unterschiede und
Gemeinsamkeiten zwischen Lifelover und Vanhelga, was Konzept, Musik etc.
angeht?
Johan Gabrielson: Vanhelga ist kein Nachfolgeprojekt
von Lifelover. Es ist, was die Lyrics angeht, mein eigener Epilog. Natürlich
gibt es Unterschiede. Die Musik ist immer noch im DSBM Universum anzusiedeln,
aber für mich ist es ein völlig anderes Projekt. Lifelover ist vorbei und es
würde keinen Sinn ergeben, irgendwas nochmal zu machen. Man muss es nicht neu
aufrollen, weil es perfekt war. Meinerseits ist es kein Nachfolger, sondern
eher ein neuer Anfang in einem weit, weit entfernten Platz.
TM: Du bist derzeit auch im Projekt „Eskapi“ aktiv.
Was kannst du darüber sagen?
Johan Gabrielson: Die Vision fing an, als ich im Jahre
2011 durch die Himalayas lief. Als ich zurück nach Schweden kam, besprach ich
meine Gedanken mit Jonas (B von Lifelover). Traurigerweise konnten wir, aus
Gründen, die klar sein sollten, nie am Projekt arbeiten… Später traf ich C.L.
und wir fingen an, daran zu arbeiten. Es könnte als Elend in Wort und Musik
gesehen werden.
TM: 145188, was ist die Bedeutung hinter deinem
Künstlernamen und wie kamst du darauf?
145188: Wenn man 145188 durch 666 teilt, erhält man
die Nummer 218. Für mich bedeutet das, dass Luzifer der Lichtbringer, der uns
mit seinem Schein in Richtung Chaos leitet, ist.
TM: Verfolgt ihr heutzutage aktiv Black Metal?
Irgendwelche Bands, die eure Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben?
145188: Nein, tue ich nicht. Ich höre größtenteils
Dissection, Mayhem, Drudkh und Burzum. Und ein wenig Deathspell Omega. Manchmal
auch Shining. Ich mag die Atmosphäre dieser Bands.
Johan Gabrielson: Nicht wirklich. Allerdings finde ich
hier und da eine richtig gute Band. Ich kann Ofdrykkja (aus Västeras, Schweden)
empfehlen. Sehr interessante Band.
TM: Welche anderen Kunstformen interessieren euch?
Irgendwelche Lieblingsbücher, -filme, -maler etc.?
Johan Gabrielson: Literatur und Poesie. Ich mag
William Burroughs, Allen Ginsberg, Charles Bukowski und Kafka sehr gerne. Ich
mag auch die Arbeiten von Alex Grey und HR Giger.
145188: Ja. Ich mag die Kunst von Zszislaw Beksinski. Größtenteils
mag ich alte Horrorfilme. Ich habe tausende von Lieblingsbüchern. Die meisten behandeln
das Thema Okkultismus, z.B. die Bücher von Vexior (Panparadox etc.), Bücher wie
Liber Falxifer und die meisten esoterischen Bücher, die ich besitze und deren
Namen ich aus offensichtlichen Gründen nicht nennen werde. Manche meiner
okkulten Bücher sind jeweils 1000 € wert.
TM: Wie sieht die Zukunft für Vanhelga aus? Stehen
neue Releases an? „Sömmar“ ist eine EP, ist es vielleicht die Vorbereitung für
ein Album?
Johan Gabrielson: „Längtan“ kommt dieses Jahr heraus.
Hoffentlich gefällt es euch.
145188: Die Zukunft von Vanhelga ist Chaos. Ja, unser
nächstes Vollalbum „Längtan“ wird in ein paar Monaten veröffentlicht. Es wird
als Digipak und LP kommen und in Europa und Nord- und Südamerika wird es auch
Merchandise geben. Drei verschiedene Labels arbeiten zur Zeit sehr hart daran.
Bald wird es mehr Infos geben (Presseveröffentlichungen etc.), hoffentlich
schon im Februar.
TM: Das war es vorerst mal. Danke nochmal für die
Antworten. Irgendwelche abschließenden Worte, Kommentare, Grüße etc.?
145188: Zunächst einmal, danke, dass du das Interview
mit uns gemaccht hast.
Ich würde gerne Marcus “Mulle” Ånstad grüßen, der ein
Freund von mir war und vor kurzem an einer Überdosis gestorben ist. Ich wünsche
mir, dass er jetzt an einem besseren Ort ist und ich beneide ihn fast dafür,
dass er vor mir gestorben ist. Wenigstens muss er jetzt das Elend des am Leben
seins nicht mehr ertragen.
Letzte Worte: Scheiß aufs Leben – gib dich dem Tod
hin. Hör nie auf, dich selbst zu zerstören.
Johan Gabrielson: Danke, dass ihr unsere Musik hört.
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