Montag, 23. März 2015

REVIEW: AUSTIN OSMAN SPARE - KUNST UND MAGIE (Gavin W. Semple)




Der Engländer Austin Osman Spare war zu Lebzeiten als Magier, Okkultist und Maler bekannt, welcher – obwohl ihm der große Erfolg verwehrt blieb – einen reichen Fundus an interessanten Werken hinterlassen hat. Seine Ansätze sind einerseits sehr scharf und anspruchsvoll, andererseits (für diesen Bereich) doch fast schon ungewöhnlich realistisch und bodenständig und die Art, in der er seine Gedankenwelt zeichnerisch festhielt, sucht seinesgleichen. In dem Buch mit dem eponymen Titel „Austin Osman Spare – Kunst und Magie“ von Gavin W. Semple werden sämtliche Werke Spares als auch der Mensch hinter dem Schaffen genauestens vorgestellt und mit einer Vielzahl seiner Bilder angereichert.

Es ist wohl so gut wie gar nicht möglich, Spare auf ein Schaffensgebiet zu reduzieren, ohne dabei seine anderen Arbeiten automatisch abzuwerten. Nicht nur sind seine verschiedenen Aktivitäten jeweils einer eigenen Vorstellung wert, sie fließen auch so frei ineinander über, dass man bei jeglicher Berichterstattung nicht umhin kommt, sie als Gesamtkunstwerk zu betrachten Bei der Vielseitigkeit von Austin Osman Spares Werk ist es natürlich nur logisch, dass das gleichnamige Buch auf ebenso vielen vielen Ebenen funktioniert, wie der Künstler es selbst tat. 




Zunächst einmal verschafft Semples Veröffentlichung einen sehr nützlichen und detaillierten Überblick über das Leben Spares. So werden zum Beispiel die bescheidenen Verhältnisse, in denen er aufwuchs, seine Karriere als Künstler und sein Kontakt mit Aleister Crowley in Textform und in einer Chronologie, welche das Ende des Buches einleitet, beschrieben. Diese Informationen stellen natürlich nicht den Kern des Buches dar, sondern bieten die Grundlage für die Vorstellung und Analyse seiner Lehren. Besonders interessant und mitunter am relevantesten ist der „Zos – Kia“ Kult, dessen Initiator Spare war. Der Autor zitiert aus den Originalwerken (unter anderem dem „Book of Pleasure“) und erläutert von ihnen ausgehend die Gedankengänge des britischen Künstlers. Das Zusammenspiel zwischen dem Fleischlichen und dem Spirituellen bzw. Werdendem wird in seinem Grundsatz und anhand mehrerer Beispiele konkret erläutert. Diesem Aspekt widmet „Austin Osman Spare – Magie und Kunst“ den gesamten ersten Abschnitt, in dem der Kult in seiner gesamten Tiefgründigkeit vorgestellt und analysiert wird. Abgesehen von der (im Grunde genommen transzendentalen) Interaktion zwischen dem Manifestierten und dem Nicht-Manifestierten spielen sowohl die von Spare entwickelte Todesmeditation, deren Wirkungsmechanismen auch genau erörtert werden, und die Sigillenmagie eine Rolle in diesem Konzept. Vor allem mit der Arbeit mit Sigillen konnte Spare einiges an Anerkennung gewinnen und das Kapitel „das heilige Alphabet“ widmet sich diesen Praktiken in der selben einfachen, aber dennoch präzisen Manier, welche auch im Rest des Buches vorzufinden ist. 



Das nächste Kapitel widmet sich der Kartomantie, einem von Spare entwickelten System, mit dem man seiner Ansicht nach die Zukunft vorhersagen konnte und welches er sich vor allem auf der Pferderennbahn zu Nutzen machte. Da Kunst bzw. Philosophie und Charakter auch in diesem Fall schwer zu trennen sind, werden analog zu der jeweiligen okkulten Theorie diverse Geschichten aus Spares Leben erzählt, sodass „Austin Osman Spare – Kunst und Magie“ auch hier den Mittelweg zwischen Biographie und Beschreibung magischer Praktiken beschreitet und konstant Interesse wecken kann. Hierbei positioniert sich der Stil genau richtig zwischen Distanz und Pathos, sodass es nie wirkt, als würde man eine reine wissenschaftliche Abhandlung oder einen unreflektierten Fanbericht lesen. 



Auch wenn es sich vielleicht anbieten mag, die zahlreichen Abbildungen als nette Beigabe abzustempeln, ist doch gerade dieser Aspekt von „Austin Osman Spare“ so verblüffend, dass man ihn durchaus auf eine Stufe mit dem Text setzen kann. Spares Zeichnungen wirken träumerisch, stellenweise surreal, stellenweise nahezu fotorealistisch, sind detailverliebt und unterscheiden sich allesamt sehr stark voneinander, ohne jedoch einen roten Faden vermissen zu lassen, der sie unmissverständlich ihrem Schöpfer zuordnet. Gerade dieser Zusammenhang zeichnet Spares Schaffen aus und bestimmt es auch zu einem großen Teil - insofern ist es erfreulich, dass „Austin Osman Spare“ keinen Aspekt zu sehr in den Vordergrund rückt, sondern jedem einzelnen den benötigten Platz einräumt. Enthalten sind neben sehr vielen „normalen“ schwarz-weiß Abbildungen auch sehr viele farbige Seiten, in denen vor allem die Aquarelle wirklich wundervoll zur Geltung kommen!



Fazit: „Austin Osman Spare – Kunst und Magie“ ist ein nahezu perfektes Werk über den gleichnamigen Künstler. Der Autor geht mit der größten Bewunderung für Spares Thesen und Kunst vor, bleibt aber dennoch analytisch und vermag den Leser vollends mit der Materie vertraut zu machen. Weiterhin sind die Bilder wundervoll anzusehen und würden alleine schon einen Kauf rechtfertigen. Ein rundum gelungenes und in höchstem Maße empfehlenswertes Buch.

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