Donnerstag, 31. März 2016

REVIEW: TOXIC CRUSADERS



Troma dürfte so ziemlich jedem ein Begriff sein, der sich jemals etwas tiefgründiger in die Splatter- und Trashfilm Materie eingefunden hat. Das amerikanische Label um Lloyd Kaufman hat nicht nur solche Genrelieblinge wie “Muttertag”, “Bloodsucking Freaks” und “Cannibal! The Musical” vertrieben, sondern sich auch vielmals selbst schöpferisch betätigt und Filme ähnlichen Couleurs kreiert, die ebenso ein sehr großes Maß an Beachtung auf sich zogen. Die Gründe hierfür sind wohl unter anderem die penetrant-derben Slapstick-Einlagen, der Ideenreichtum und die oftmals grenzüberschreitend direkte Darstellung von Gewalt und Sex. Seinen Siegeszug im Trashbereich startete Troma mit dem Film, der bis heute der beliebteste der Firma und das Paradebeispiel für ihren Stil ist: “The Toxic Avenger”. Besagter Beitrag, der übrigens drei Sequels nach sich zog, ist quasi ein fester Bestandteil der Splatterfilm-Geschichte und wird weitestgehend als Pflichttitel betrachtet. Was um ein Vielfaches weniger bekannt ist, ist die Tatsache, dass diese Fundgrube an Splatter und schlechtem Geschmack, die wahrlich alles andere als kinderfreundlich ist, der geistige Vater einer eigenen Zeichentrickserie ist.



Diese Show trägt den Namen “Toxic Crusaders” und wurde in den frühen 90er im Fernsehen ausgestrahlt. Sie schien sich größter Beliebtheit zu erfreuen und zog eine große Palette an Merchandise nach sich (das heutzutage für semi-horrende Summen auf eBay an Sammler verkauft wird). Leider fanden die “Toxic Crusaders” nach nur 13 Episoden ein jähes Ende, da offenbar vertragliche Schwierigkeiten bestanden. Obwohl Kaufman sich unter anderem auf der “Toxic Avenger” DVD mehrfach auf diese Serie bezog, konnte man sie hierzulande ewig nicht käuflich erwerben. Diesem Missstand hat 84 Entertainment nun Abhilfe geschaffen und ein Mediabook, das alle 13 Folgen und die Filmversion (ein Zusammenschnitt der ersten drei Folgen) enthält, veröffentlicht. Diese ist optisch und qualitativ natürlich in höchstem Maße ansprechend.




Anfangs orientiert sich die Zeichentrickserie sehr nah an dem mittlerweile legendären Anfang des ersten Films der Reihe. Melvin ist die “Putzfrau” eines Fitnessstudios und wird dort aufgrund seines mickrigen Erscheinungsbildes von den Gästen gehänselt. Eines Tages erlauben jene sich einen Spaß und bringen Melvin dazu, sich in ein Tütü zu zwängen, um die Gunst eines der Mädchen zu erlangen. Als er jedoch merkt, wie böse ihm mitgespielt wurde, rennt er vor lauter Scham weg, fällt aus dem Fenster in ein Fass radioaktiven Müll und wird zu dem Toxic Avenger – kurz Toxie. Er lebt in einer Müllhalde und findet eine Freundin (die hier zur Wahrung des guten Geschmacks NICHT blind ist).



Allerdings führt “Toxic Crusaders” ab hier einige Neuigkeiten ein. Zunächst einmal bekommt Toxie eine Reihe an Mitstreitern serviert. Dazu gehören Major Disaster, ein ehemaliger Soldat, der die Natur mit seiner Willenskraft beeinflussen kann, Headbanger, eine Art Fusion aus einem Wissenschaftler und einem Sunny-Boy, Nose-Zone, ein Wesen mit riesiger Nase und Dauererkältung, das mit einem Flugzeug verschmolzen ist, Junkyard, ein riesiger, menschenähnlicher Hund und Blobbie, Toxies Haustier. Auch das Team von Bösewichten ist neu und formiert sich um Dr. Killemoff, einem Wesen aus einem fremden Planeten, das die Umwelt verpesten und die Erde zerstören will.



Blendet man die Vorlage aus, ist “Toxic Crusaders” ein klassisches Relikt seiner Zeit, sprich: eine knallbunte, herrlich überdrehte Serie aus den wohl glorreichsten Tagen des Zeichentricks. Alles erstrahlt neonfarben, die Ästhetik ist herzallerliebst-quietschig und die Charaktere sind quasi Cartoon-Trash-Prototypen. Gerade die Tatsache, dass ein solch kultisch verehrter Film in ein Setting, das den Ursprung zu 50% beibehält und zu 50% um fremde Einflüsse erweitert, macht den Reiz der “Toxic Crusaders” aus.



Die einzelnen Episoden basieren allesamt auf dem durchgehend aufrechterhaltenen Motiv des Umweltschutzes (bzw. der Umweltzerstörung). Das Team von entstellten Mutanten-Helden muss jedes Mal die Pläne Dr. Killemoffs, die er in der Regel mit seiner Armee von Umweltzerstörungs-Soldaten durchzusetzen versucht, vereiteln und Tromaville retten. Jede Variation ist spritzig, unterhaltsam, kurzweilig und vor allem einfallsreich, was die “Toxic Crusaders” auch für Erwachsene zu sehr guter Unterhaltung macht (was aber bei den Cartoons der 90er eh die Regel war). So werden zum Beispiel alle Rentner Tromavilles in böse Klone verwandelt, Burger werden mit Chemikalien versetzt und Toxies Mutter tauscht den Körper mit Dr. Killemoff. Gerade die Absurdität der Ideen und der Schlamassel, den sie mit sich bringen, sorgen für den Großteil des Sehvergnügens.



Hinzu kommt der Humor, der sich durch die gesamte Serie zieht. Natürlich ist dieser (ebenso wie die Gewalt) bis zu einem gewissen Maße kindgerecht gehalten, vermag aber wirklich lustig zu sein. So sind die Wortspiele in bester Schwarzenegger-Manier gewollt schlecht und die Charaktere mit der nötigen Portion Zynismus und Selbstironie ausgestattet. Zu den Running Gags gehört zum Beispiel, dass einer der Superschurken ständig voraussagt, wie die Toxic Crusaders den Plan des Chefs vereiteln werden oder dass Toxies Freundin Yvonne alle Umstehenden mit ihren Gesangskünsten zum Weglaufen bringt. Troma-Fans können sich übrigens auch auf eine Art Cameo von Lloyd Kaufman freuen, der hier eine bärtige Amish-Familie im Schlepptau hat. Vor allem die sporadisch auftauchenden Sideshow-Charaktere wie Snail-Man oder Mower-Man entpuppen sich die 13 Episoden über als Highlight, ebenso wie die Zwiegespräche Headbangers.




Fazit: “Toxic Crusaders” ist ein echtes Unikat und hat neben der hochkarätigen Vorlage auch weitere Qualitäten vorzuweisen, die man keineswegs von der Hand weisen kann. Humor und Gestaltung passen hier perfekt und jeder, der Aufgrund der kindgerechten Adaption an der Serie zweifelt, dürfte schnellstens eines Besseren belehrt werden. Für Troma- und Cartoonfans ein wirklich empfehlenswerter Leckerbissen!

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