Tom Heidenberg und El Gore
haben in der Vergangenheit nicht nur durch ihr kontroverses
Konsumverhalten auf Festivals und Conventions von sich reden gemacht,
sondern auch durch ihre jüngsten Werke einiges an Aufsehen erregt.
Heidenbergs „Necrophile Passion“ und El Gores „Ghoul's Night
Out“ Trilogie haben der zeitweise eher öden deutschsprachigen
Independent-Splatterlandschaft neues Leben einhauchen und die beiden
Macher als vielversprechende neue Filmemacher etablieren können. Mit
„Paraphilia“ präsentieren die beiden ihre erste Zusammenarbeit,
welche sich einem altbekannten Thema annimmt: der Nekrophilie.
Die Geschichte ist – wie
man es gewohnt ist – höchst minimalistisch. Ein namenloser
Protagonist zerrt eine Leiche in den Wald, um dort mit ihr
Geschlechtsverkehr zu haben. Eine Vorgeschichte gibt es nicht,
Dialoge und Erklärungen bietet „Paraphilia“ auch nicht. Die
Regisseure beschränken sich auf den Akt selbst, sämtliche
„Verzierung“ ist nebensächlich.
Auf den ersten Blick trägt
der Film ganz klar die Handschrift Heidenbergs: das anonyme Szenario,
die Leichenschänder-Thematik und die glatte Präsentation sind
typisch für ihn. Doch jeder, der die Werke der beiden kennt, weiß,
dass der erste Schein sich hier als trügerisch erweist. Tatsächlich
ist „Paraphilia“ eine sehr gelungene Symbiose, in der die beiden
Regisseure ungemein voneinander profitieren. Heidenberg liefert die
Schwere und die fast schon poetischen Bildkompositionen, welche schon
sein letztes Werk einzigartig machen, wohingegen El Gore seinen
typischen, kantigen, aggressiven Underground-Charme spielen lässt.
In vielerlei Hinsicht ist
„Paraphilia“ das, was sich viele Leute unter „Necrophile
Passion“ vorgestellt (oder erhofft?) haben. Der Kurzfilm bietet in
seinen 14 Minuten Laufzeit an sich nichts weiter als eine extrem
explizite Darstellungen von sexuellen Handlungen, welche an einer
Leiche vollzogen werden. Die Bilder sprechen eine mehr als eindeutige
Sprache: minutenlang stochert der Protagonist mit seinen Fingern in
den Augen des Kadavers herum, er weidet sie aus, befriedigt sie oral
(!), beschläft sie und onaniert ihr ins Gesicht. Gott sei Dank
drängen die Macher dem Zuschauer keine halbgaren, aufgesetzten
moralischen Botschaften auf, sondern bleiben bei einer direkten und
intensiven Inszenierung. Gerade diese Bereitschaft zum Selbstzweck
stellt einen wundervollen Kontrast zu den weinerlichen,
pseudo-humanistischen „das-ist-jetzt-aber-zu-viel-des-Guten“
Monologen, welche mit gefährlichem Halbwissen ausgestattete,
ungebildete, minderjährige Legastheniker in diversen sozialen
Netzwerken veröffentlichen, dar. Die Bilder sind hochgradig
ästhetisch und ansprechend, sodass man, wenn man denn gewillt ist,
sich darauf einzulassen, keine stupide Ekelshow, sondern eine
erwachsene und sinnliche Interpretation des Aktes zu sehen bekommt.
Das Verständnis und die Faszination, welche hier durchschimmern,
zeugen von einer Echtheit, welche gerade heutzutage sehr rar gesät
ist.
Technisch gesehen ist
wieder einmal alles perfekt. Neben der bereits erwähnten
Kameraarbeit müssen der Score und vor allem die Leistung des
Hauptdarstellers positiv erwähnt werden. Gerade letztere ist
wirklich verblüffend und stellt eine enorme Bereicherung dar.
Fazit: „Paraphilia“
ist direkt, schonungslos, atmosphärisch und aufrichtig. In der
kurzen Laufzeit zeigen Heidenberg und El Gore eine nahezu perfekte
Ästhetisierung von Nekrophilie, ohne auch nur für eine Sekunde von
seinem Vorhaben abzuweichen. Ein wirklich gelungenes und wegweisendes
Werk!
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