Sonntag, 9. Februar 2014

INTERVIEW: VANHELGA (DEUTSCH)






Vanhelga ist eines der interessantesten Projekte, das der „extreme“ Metalbereich in den letzten Jahren hervorgebracht hat. Punkt. Selten hat man solche Intensität, solche Raffinesse und so viel Verzweiflung in einer musikalisch so grandiosen Präsentation erlebt. Ich bin sehr stolz dieses lange, ausführliche Interview mit dem ehemals einzigen Bandmitglied 145188 und dem neu hinzugestoßenen Lyriker und Sänger Johan Gabrielson (ex-Lifelover), in dem sie mir über Themen wie Selbstzerstörung, ihr Heimatland Schweden, ihre Ansichten und die vergangenen und kommenden musikalischen Leistungen Rede und Antwort standen.





TM: Hallo! Zunächst einmal danke, dass ihr euch für das Interview bereit erklärt habt. Euer neues Album „Sömmar“ wurde gerade veröffentlicht. Was könnt ihr darüber sagen?

145188: Wir haben schon in der Vergangenheit einige Releases gemacht und dieses mal wollten wir ein ruppiges, raues Release machen. Aus diesem Drang heraus entstand „Sömmar“. I wollte immer schon eine Art „Old School Demo“ aufnehmen. Also legte ich bei den Aufnahmen zu „Sömmar“ alles daran, dass es auf jegliche Art erbärmlich werden würde. Ich wollte Angst, Verzweiflung, Elend und andere positive Dinge kanalisieren und in die Gefühle und Atmosphäre, die wir erschaffen wollten, mit einbringen.

Als ich die Drums aufnahm war ich auf mehrere Arten total im Arsch. Ich habe die ganzen Drums vollgeblutet und brauchte medizinische Versorgung, aber ich wollte diesen Zustand der Melancholie einfangen, also habe ich zuerst die Aufnahmen abgeschlossen. Als ich die Gitarren aufgenommen habe, benutzte ich einen beschissenen, kleinen Verstärker, den ich auf dem Dachboden gefunden habe und ein beschissenes Mikrofon. Und natürlich hatte ich immer ein stumpfes Messer um mich die ganze Zeit zu schneiden. Vor dem Aufnehmen meditierte ich über Sachen, die für mich sehr schmerzlich sind, um in eine gute Stimmung zu kommen. Ich trank auch Blut und bemalte mein Gesicht und meinen Körper damit. Ich habe keine Probleme mit meinem eigenen Blut, aber als ich das meines Freundes probierte, wurde mir etwas schwindelig.

Ich bin sehr zufrieden mit „Sommar“ und ich muss sagen, dass ich über den überwältigenden Zuspruch sehr erstaunt bin.

Johan Gabrielson: Es gibt nicht viel zu sagen… Es ist meine erste Zusammenarbeit mit Vanhelga und der Prozess war ziemlich interessant. Bevor ich die Vocals aufnahm hatte ich 145188 noch nie getroffen, aber danach wurde mir angeboten, der Sänger der Band zu werden. Offensichtlich war er zufrieden mit meinen Leistungen. Aus meiner Sicht heraus ist das Album eine Art um meinen inneren Dialog auszudrücken.



TM: Euer vorheriges Album hieß „Höst“, zu deutsch: Herbst, und die jetzige EP heißt „Sömmar“. Wieso wählt ihr Jahreszeiten als Namen? Und was hat der Sommer mit den typischen Black Metal Ideen und Themen gemeinsam? Merke ich da einen ironischen Unterton?

Johan Gabrielson: Ich habe die Alben nicht benannt, also weiß ich es nicht. Jedoch leben wir in diesem „Leben“, welches mehr oder weniger ein endloser Kreislauf ist. Es mit Jahreszeiten zu beschreiben ergibt für mich relativ viel Sinn.

145188: Das Album heißt „Höst“ weil ich den Großteil der Musik und der Texte während dieser Jahreszeit geschrieben hab. Ich wurde vom Sterben der Natur usw. beeinflusst. Auch meine eigenen Gedanken waren am sterben (nur um zu einem späteren Zeitpunkt wieder zum Leben erweckt zu werden).

Ich glaube, dass ich die Denkensart der Leute ändern wollte, als ich den Titel „Sömmar“ wählte. Die meisten Menschen assoziieren den Sommer mit Glück und Freude. Ich nicht. Von allen Jahreszeiten hasse ich ihn am meisten. Meine liebste Jahreszeit ist der Winter. Für mich ist der Sommer voll von Anspannung und Melancholie. Ich wollte nur, dass die Leute es aus meiner Perspektive sehen.





TM: „Sömmar“ beinhaltet all die komplexen Strukturen, die Höst zu bieten hatte, aber die Produktion ist viel rauer und weniger glatt. War diese Entscheidung beabsichtigt? Magst du das Resultat? Siehst du den aggressiveren Kern und die etwas schmutzigere Produktion als einen Teil von „Sömmar“?

145188: Es war beabsichtigt. Ja, ich mag die Produktion von „Sömmar“, ansonsten hätte ich meine Zeit nicht damit verschwendet.



TM: Vanhelgas Sound ist sehr melancholisch, dunkel und stellenweise sogar wahnsinnig, aber nie primitiv. Wie lange dauert das Komponieren?

145188: Kommt darauf an. Manche Songs werden in weniger als 15 Minuten geschrieben, wohingegen andere über Monate oder sogar Jahre langsam heranwachsen. Manche Songs werden sogar gemacht während wir sie aufnehmen



TM: Was ist das Konzept hinter Vanhelga und welche Themen werden angesprochen?

145188: In Vanhelga geht es darum, Grenzen zu überschreiten um mit dem wahren Ich in Berührung zu kommen. Dieses dreckige Konstrukt, in dem wir gezwungen sind zu leben, zu durchbrechen. Eine Verspottung all jener, die armseelig versuchen sich vor der absoluten Dunkelheit zu verstecken, die uns alle umgibt.

Johan Gabrielson: Meinerseits ist es ein Weg um innere Dialoge auszudrücken. Und auch um die Welt zu beschreiben, in der ich lebe und die sich von der der anderen zu unterscheiden scheint.





TM: Vanhelga ist der schwedische Ausdruck für „schänden“. Was wollt ihr schänden?

Johan Gabrielson: Alles. Moral, Gesetze, Gesellschaft, Vernunft.

145188: Es geht darum, alle moralischen Werte und alles, was die Gesellschaft einem als „heilig“ aufzwingt, zu schänden. Es geht darum deine eigene Moral und deine eigenen Werte zu erschaffen. Nicht einfach das tun, was die Gesellschaft dir sagt und wie ein Sklave ohne Kreativität und eigenen Willen zu leben. Es geht darum deinen eigenen Weg zu gehen. Sich selbst kreieren. Und um sich selbst zu kreieren, muss man alles umwerten, was man gelernt hat. Die Gesellschaft sagt zum Beispiel, dass eine Kirche heilig ist und dass man das oder das nicht machen sollte. Ich sage „scheiß drauf“ und tu stattdessen das, was sich für dich richtig anfühlt



TM: Wie wichtig sind die Texte? Ich erinnere mich daran, dass längere Passagen von „Höst“ rein instrumental waren. Da eure Texte auf Schwedisch sind, können nicht-Schweden sie nicht verstehen. Verpassen sie etwas wichtiges, oder sind die Texte nur als Beigabe zu betrachten?

145188: Für mich war es immer am einfachsten meine Gefühle und Inspirationen auf musikalische Art auszudrücken. Ich benutze Musik als ein Werkzeug um meine Inspiration zu kanalisieren. Gabrielson benutzt Texte um seine Inspiration zu kanalisieren. Beide Teile sind gleich wichtig für uns, aber eigentlich sind sie nur verschiedene Werkzeuge, die wir benutzen um kreativ zu sein.

Johan Gabrielson: Für mich sind die Texte sehr wichtig. Wahrscheinlich weil ich Lyriker bin. Ich würde jedem, der Interesse hat, Google Translate oder sowas empfehlen, um sich ein Bild zu machen. Das liegt jedoch im Ermessen der Person, die das Album hört. Machts, wie ihr wollt.





TM: Man kann sagen, dass es sich bei Vanhelga um eine Black Metal Band handelt. Wieso wählt ihr Black Metal um eure Gedanken zu vermitteln?

145188: Nein. Vanhelga ist Vanhelga. Wer spielen was wir wollen und wir labeln unsere Musik nicht. Ehrlich gesagt weiß ich nicht, warum Leute uns als Black Metal Band sehen. Klar, manche unserer Mitglieder sind praktizierende Anhänger des Left Hand Paths, aber der Musik, die wir spielen, sind keine Grenzen gesetzt (genau wie es im LHP der Fall ist). Wenn wir einen Song schreiben, der nicht nach einer typischen Black Metal Band klingt, werden wir ihn trotzdem benutzen, egal was die Leute denken (sofern es für uns ein guter Song ist).

Johan Gabrielson: Weil Black Metal eine der reinsten Formen von Musik ist. Er ist ehrlich.



TM: Die Komplexität und musikalischen Qualitäten eurer Arbeit heben sie von traditionellen Black Metal Bands ab. Ist eine gewisse Fortschrittlichkeit wichtig für euch? Denkt ihr, dass die Musik, die ihr spielt, aus den Schranken des klassischen Black Metal herausbrechen muss? Seht ihr Vanhelga als klassische Black Metal Band? Oder als das genaue Gegenteil? Oder als ein Mittelding?

145188: Ich denke ganz und gar nicht so. Wie ich soeben gesagt habe, erschaffen wir gänzlich ohne Grenzen. So zu denken, wie du es andeutest, würde bedeuten, dass man sich einschränken müsse. Wir glauben an die totale Freiheit des künstlerischen Ausdrucks.

Was Fortschritt angeht, denke ich, dass es sinnlos ist, sich zu wiederholen. Wir erforschen ständig neue Wege und entwickeln uns weiter. Rückschritt ist für uns uninteressant.

Johan Gabrielson: Ich würde nicht sagen, dass Vanhelga wie irgendeine andere Black Metal Band ist. Natürlich, ist es, was das Genre angeht, irgendwo im DSBM Bereich angesiedelt, aber es gibt auch andere Einflüsse. Vor allem auf Höst und Sömmar.



TM: Vor einigen Jahren war der sogenannte „Depressive Suicidal Black Metal“ durch das Aufkommen von Bands wie Shining, Lifelover, Make a Change Kill Yourself etc. in aller Munde. Wie steht ihr zum Begriff? Würdet ihr ihn auf Vanhelga anweden? Wieso starb der Hype so schnell?

Johan Gabrielson: Ich würde nicht sagen, dass DSBM tot ist. Ich würde auch nicht sagen, dass man Lifelover als DSBM bezeichnen kann. Es gibt einfach zu viele andere Einflüsse, zumindest nach „Pulver“.

Der Grund warum das Genre (in deinen Augen) ausgestorben ist und - in meinen Worten – sich weiterentwickelt hat ist wahrscheinlich der, dass es allein genommen kein sonderlich interessantes Genre ist. Wenn man es jedoch mit anderen Genres (zB Post-Rock oder traditionellem Black Metal) verknüpft, kann es sehr interessant sein. Den charakteristischen langsamen, hypnotischen Klängen kann ich zumindest nur schwerlich widerstehen.

Klar gibt es DSBM Einflüsse in Vanhelga. Aber auch Pop-Einflüsse sind zu finden. Man könnte wahrscheinlich viele Einflüsse finden.

145188: Keine Ahnung. Ich kenne mich nicht wirklich mit den ganzen Black Metal Arten und ihren Bezeichnungen aus. Ich habe auch kein Interesse an Trends. Ich richte mich in jeglicher Situation nur nach meinem eigenen Willen, egal ob es um meinen Musikgeschmack geht, oder welche Kleidung ich trage. Solange es Leute mit wenig oder gar keiner Willensstärke gibt, werden stärkere Personen, die mehr Willenskraft haben, Trends erschaffen.

Manche werden als Wölfe geboren, andere als Schafe.




TM: Euer Heimatland Schweden hat viele Künstler hervorgebracht, die negative, depressive Kunst schaffen. Manche reden sogar von „Skandinavischer Misanthropie“. Warum gerade Schweden? Was ist die Verbindung zwischen einer solchen Weltsicht und diesem Land?

Johan Gabrielson: Schweden hat eine lange Tradition voller Industrie und Alkoholismus. Anfang des 20. Jahrhunderts stand es zur Debatte, dass Alkohol verboten wird, aber es ist nie passiert. Die Verteilung von Alkohol wird jedoch heutzutage noch vom Staat überwacht um den Konsum zu regulieren. Ich denke es macht die Leute hoffnungslos.

In den 1930ern wurde Amphetamin sehr beliebt. Das ist es heute noch. Das Arbeiten in einer Industrie ist oft gleichzusetzen mit langen und harten Schichten. Demzufolge verliebten sich viele Schweden in diese Substanz. Und der euphorische Effekt hat die Leute darüber hinweggetröstet, dass es in Winter fast immer dunkel ist. Dann wurde sie verboten. Und der Staat überwachte immer noch die Trinkgewohnheiten!

Ich selbst nehme kein Speed, aber meine Theorie ist, dass das ständige“ überwacht werden“ in Kombination mit der oben genannten Hoffnungslosigkeit, sehr destruktiv ist. Nicht alle Schweden laufen deprimiert oder auf Amphetaminen durch die Gegend, aber viele unterdrücken ihre Angst. Es muss noch erwähnt werden, dass Schweden immer noch eine sehr hohe Suizidrate hat und auch die Rate an Junkies, die an ihrer Abhängigkeit sterben, ist die höchste innerhalb der EU.

145188: Nunja, es gibt einige interessante Theorien. Mich persönlich interessiert es nicht und ich glaube, dass wir uns bei nichts sicher sein können. Es liegt einfach in unserer Natur alles zu erklären, obwohl es eigentlich gar nicht notwendig ist. Für mich ist diese Erklärerei nur eine Verschwendung von Zeit und Kraft.

(…)

Eine weitere Erklärung könnte das Wetter hier sein, das zwingt drinnen zu bleiben, was uns deprimiert? Wer weiß? Ich sage scheiß auf alles und ich hoffe, dass das Ende der Existenz bald kommt.

Wie ich oben gesagt habe, habe ich keine Ahnung.



TM: Wie sehr seid ihr privat von Negativität, Depression und Hass beeinflusst? Ist die Verzweiflung in Vanhelga 100% echt, oder eher nicht? Macht es die Kunst ehrlicher, wenn die Person wirklich etwas „neben der Spur“ ist, oder ist das egal?

Johan Gabrielson: Mein Leben beinhaltet Negativität und Freude. Ich wäre niemals in der Lage gewesen, die Negativität zu benutzen um Kunst zu erschaffen, wenn es die Phasen der Freude nicht gäbe. Und ich hätte nichts erschaffen können, wenn die Negativität nicht wäre. Nichts ist nur gut oder schlecht – man kann Sachen entweder bereuen, oder an den Erfahrungen wachsen.

145188: Für mich sind Begriffe wie Depression, Hass und Verzweiflung etwas Positives. Ich finde, dass es an diesen Sachen nichts Negatives gibt. Die Sachen sind was du willst, dass sie sind und nur weil die Gesellschaft sagt, dass etwas negativ ist, muss es nicht negativ sein. Ich finde, dass jeder für sich Sachen erleben sollte und anhand davon seine eigene Meinung erschließen und die eigene Art zu leben finden sollte.

Für mich ist es nur ein schmaler Grat zwischen jemandem, der „neben der Spur“ ist und einem „Genie“.





TM: Ich erinnere mich gehört zu haben, dass ihr viel von Alkohol haltet. Habt ihr auch Spaß an Drogen? Ist ein Rauschzustand ein notwendiger Teil des Entstehungsprozesses?

145188: Ja, ich habe Spaß an Drogen, anderenfalls würde ich sie nicht nehmen. Es ist nicht notwendig, aber man kann damit wünschenswerte gedankliche Zustände erreichen. Drogen können einem dabei helfen, nüchtern nicht zugängliche Seiten von einem selbst zu erforschen und davon Gebrauch zu machen. Ich sehe Drogen als Werkzeuge. So wie ein Zimmermann sein Messer benutzt, um einen Teppich zu schneiden, benutze ich Drogen um mein Bewusstsein wegzuschneiden und offenzulegen. Und genau wie der Zimmermann sein Messer benutzt, um einen Teppich zu schneiden, benutze ich mein Messer um mich selbst zu schneiden, haha.

Johan Gabrielson: Ich war mal süchtig nach Drogen, aber bin seit einer langen Zeit clean. Wegen meiner Medikamente versuche ich nicht zu viel zu trinken. 




 

TM: Wie habt ihr euch kennengelernt und wann habt ihr euch entschlossen, zusammenzuarbeiten? Wie ist eure Arbeit als Duo so?

145188: Ich habe seinen Blog gefunden (ich glaube, dass es ein Blog war) und ich war so beeindruckt von seiner Fähigkeit, sich in Worten auszudrücken und ich dachte auch, dass die Sachen, die er schrieb, exakt die selben Sachen waren, die mir oft durch den Kopf gingen. Es war ein seltsames Gefühl, weil wir so gleich denken, dass es auch ich die ganzen Sachen, die ich im Blog lase, hätte geschrieben haben können.

Ich wusste nicht, dass er ein Mitglied von Lifelover war, als ich ihn anschrieb. Eigentlich war es meine Freundin, die seinen Blog gefunden und mir empfohlen hat.

Später entschloss ich mich, ihn zu kontaktieren und zu fragen, ob er Interesse daran hätte, einige Texte für meine Band zu schreiben (was er glücklicherweise bejahte). So fingen wir an zusammenzuarbeiten.

Unsere Arbeit als Duo ist die reinste Magie. Anders kann man es nicht beschreiben.

Johan Gabrielson: 145188 schickte mir eine Email, in der er mich fragte, ob ich Texte beisteuern wolle. Ich hatte nichts Besseres zu tun und ich schickte ihm ein paar Auszüge. Sie gefielen ihm und er fragte mich, ob ich einige Vocals machen wolle. Ich traf ihn am Bahnhof in Linköping und wir wurden schnell gute Freunde.



TM: Auf eurer Metal Archives Seite steht, dass Vanhelga seit 2001 existiert. Ist das wahr?

145188: Ja, das ist wahr. Damals war ich das einzige Bandmitglied und hatte sogar ein ganzes Album aufgenommen, welches aber nie releast wurde. Ich glaube es ist auf einer alten externen Festplatte gespeichert. Tracks wie „Tomrum“ und „Breaking the Chains of Creation“ wurden zuerst für das Album aufgenommen, doch später hab ich sie neu aufgenommen und auf dem „Enslaved by God“ Demo releast.





TM: Lass uns über die frühen Tage von Vanhelga sprechen. Meines Erachtens hat das erste Album „Mortem Illuminate Mea“ ein komplett anderes Feeling als die späteren Alben. Würdest du zustimmen? Welche Themen wolltest du damals ansprechen?

145188: Ich stimme zu. Als ich an „Mortem Illuminate Mea“ arbeitete, war ich geradezu psychotisch. Ich hatte diese ganzen philosophischen und okkulten Gedanken, die ich irgendwie festhalten musste. Ich wollte immer schon ein „klassisches“ Black Metal Album machen und daraus wurde „Mortem Illuminate Mea“. Der Titel wurde sogar von einem Dissection Songtext inspiriert.

Es sind immer noch die selben Themen (Tod, Elend, die armselige Existenz hinter sich lassen etc.), damals hatte ich nur sehr viel mit dem Okkulten zu tun, war davon fasziniert und habe es auch praktiziert, was man auch ganz klar sehen wird, wenn man das Album hört.



TM: „Angest“ kam mir wie eine Art Wendepunkt vor. Wieso hast du Vanhelga in diese Bahnen gelenkt?

145188: Es war ein sehr chaotischer Abschnitt meines Lebens. Es kam mir vor, als würde meine gesamte Welt zusammenbrechen, damit ich eine neue errichten könnte. Während dieser Zeit lernte ich viele Gefühle kennen, die ich noch nicht erforscht hatte. Alles war neu für mich. Zu dieser Zeit lernte ich die Kunst der dunklen Alchemie.



TM: „Höst“ ist ein sehr melodisches Album. Wie viel Zeit hast du gebraucht um es zu komponieren und aufzunehmen?

145188: Schwer zu sagen. Als ich „Höst“ aufnahm dachte ich, dass ich mehr Zeit hätte, als bei „Mortem Illuminate Mea“. Ich glaube ich stand mehr unter Stress, als ich das erste Album aufnahm. Ich war sicher, dass ich jeden Tag sterben würde und ich musste es alles aus mir rauskriegen, bevor es zu spät war.





TM: Es scheint, als hättest du bei „Höst“ wenig Wert auf die Vocals gelegt. Denkst du, dass es auch als reines Instrumental-Album funktioniert hätte? Siehst du „Sömmar“ insofern als Weiterentwickluing, dass es „Höst“s melodische Seite mit Vocals kombiniert?

Johan Gabrielson: Da ich nichts mit „Höst“ zu tun hatte, würde ich mich dazu lieber nicht äußern. Ich würde sagen, dass Sommar, was die Vocals angeht, intensiver ist.

145188: Die Vocals auf „Höst“ sind sehr experimentell. Ich probierte verschiedene Gesangsstile aus. Ich wollte eigentlich singen, wie Gabrielson es auf manchen Tracks tut, aber ich bin nicht gut darin. Als Gabrielson zuerst die „Sömmar“ EP aufnahm war ich ehrlich gesagt positiv überrascht. Ich wusste nicht, dass er so singen konnte. Ich bin schwer beeindruckt von seinen Mühen und den Resultaten.



TM: Johan Gabrielson, du warst einmal Mitglied der grandiosen band Lifelover. Viele (unwissende?) Leute sehen Vanhelga als Nachfolgeprojekt von Lifelover. Was sind für dich die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Lifelover und Vanhelga, was Konzept, Musik etc. angeht?

Johan Gabrielson: Vanhelga ist kein Nachfolgeprojekt von Lifelover. Es ist, was die Lyrics angeht, mein eigener Epilog. Natürlich gibt es Unterschiede. Die Musik ist immer noch im DSBM Universum anzusiedeln, aber für mich ist es ein völlig anderes Projekt. Lifelover ist vorbei und es würde keinen Sinn ergeben, irgendwas nochmal zu machen. Man muss es nicht neu aufrollen, weil es perfekt war. Meinerseits ist es kein Nachfolger, sondern eher ein neuer Anfang in einem weit, weit entfernten Platz. 




TM: Du bist derzeit auch im Projekt „Eskapi“ aktiv. Was kannst du darüber sagen?

Johan Gabrielson: Die Vision fing an, als ich im Jahre 2011 durch die Himalayas lief. Als ich zurück nach Schweden kam, besprach ich meine Gedanken mit Jonas (B von Lifelover). Traurigerweise konnten wir, aus Gründen, die klar sein sollten, nie am Projekt arbeiten… Später traf ich C.L. und wir fingen an, daran zu arbeiten. Es könnte als Elend in Wort und Musik gesehen werden.



TM: 145188, was ist die Bedeutung hinter deinem Künstlernamen und wie kamst du darauf?

145188: Wenn man 145188 durch 666 teilt, erhält man die Nummer 218. Für mich bedeutet das, dass Luzifer der Lichtbringer, der uns mit seinem Schein in Richtung Chaos leitet, ist.



TM: Verfolgt ihr heutzutage aktiv Black Metal? Irgendwelche Bands, die eure Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben?

145188: Nein, tue ich nicht. Ich höre größtenteils Dissection, Mayhem, Drudkh und Burzum. Und ein wenig Deathspell Omega. Manchmal auch Shining. Ich mag die Atmosphäre dieser Bands.

Johan Gabrielson: Nicht wirklich. Allerdings finde ich hier und da eine richtig gute Band. Ich kann Ofdrykkja (aus Västeras, Schweden) empfehlen. Sehr interessante Band.





TM: Welche anderen Kunstformen interessieren euch? Irgendwelche Lieblingsbücher, -filme, -maler etc.?

Johan Gabrielson: Literatur und Poesie. Ich mag William Burroughs, Allen Ginsberg, Charles Bukowski und Kafka sehr gerne. Ich mag auch die Arbeiten von Alex Grey und HR Giger.

145188: Ja. Ich mag die Kunst von Zszislaw Beksinski. Größtenteils mag ich alte Horrorfilme. Ich habe tausende von Lieblingsbüchern. Die meisten behandeln das Thema Okkultismus, z.B. die Bücher von Vexior (Panparadox etc.), Bücher wie Liber Falxifer und die meisten esoterischen Bücher, die ich besitze und deren Namen ich aus offensichtlichen Gründen nicht nennen werde. Manche meiner okkulten Bücher sind jeweils 1000 € wert.



TM: Wie sieht die Zukunft für Vanhelga aus? Stehen neue Releases an? „Sömmar“ ist eine EP, ist es vielleicht die Vorbereitung für ein Album?

Johan Gabrielson: „Längtan“ kommt dieses Jahr heraus. Hoffentlich gefällt es euch.

145188: Die Zukunft von Vanhelga ist Chaos. Ja, unser nächstes Vollalbum „Längtan“ wird in ein paar Monaten veröffentlicht. Es wird als Digipak und LP kommen und in Europa und Nord- und Südamerika wird es auch Merchandise geben. Drei verschiedene Labels arbeiten zur Zeit sehr hart daran. Bald wird es mehr Infos geben (Presseveröffentlichungen etc.), hoffentlich schon im Februar.





TM: Das war es vorerst mal. Danke nochmal für die Antworten. Irgendwelche abschließenden Worte, Kommentare, Grüße etc.?

145188: Zunächst einmal, danke, dass du das Interview mit uns gemaccht hast.

Ich würde gerne Marcus “Mulle” Ånstad grüßen, der ein Freund von mir war und vor kurzem an einer Überdosis gestorben ist. Ich wünsche mir, dass er jetzt an einem besseren Ort ist und ich beneide ihn fast dafür, dass er vor mir gestorben ist. Wenigstens muss er jetzt das Elend des am Leben seins nicht mehr ertragen.

Letzte Worte: Scheiß aufs Leben – gib dich dem Tod hin. Hör nie auf, dich selbst zu zerstören.

Johan Gabrielson: Danke, dass ihr unsere Musik hört.

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