Sonntag, 4. Januar 2015

SPECIAL: DARMSPÜLUNGEN UND BLOWJOBS MIT VORGEHALTENEM REVOLVER - DER ROUGHIE




Das Herumstochern in vergangenen Genres ist, wie jeder, der diesem Hobby frönt, weiß, eine etwas zwiespältige Angelegenheit. Die Mischung aus semi-nekrophiler Nostalgie und einer oftmals erdrückenden „solche Filme gibt es heute nicht mehr“-Wehmut macht wohl den Großteil des Reizes aus, wobei auch sicherlich ein gewisses historisches Interesse eine (Neben-)Rolle spielt. Neben den Genres, welche eigentlich vollends von der Bildfläche verschwunden sind, man denke hierbei an den Giallo, den Spaghetti-Western und so ziemlich jede exotischere Exploitation Kategorie, gibt es natürlich auch die, die sich über die Jahre hinweg gehalten, aber mit der Zeit merklich verändert haben – hier sind unter anderem der Actionfilm und der Slasherfilm angebrachte Beispiele (man schaue sich nur mal „Phantom Kommando“ und „The Raid“, bzw. den ersten „Halloween“ und „Laid to Rest“ hintereinander an). 




In diesem Gros an vergangenen und oftmals übergangenen Kunstformen erweist sich eine als besonders lohnenswert: die Pornografie. Kaum eine andere Sparte ist so wechselhaft, vielschichtig und hat sich über die Jahrzehnte so stark verändert. Die quasi allgegenwärtige, plastische und auf das Minimum reduzierte Hochglanz-Pornografie, wie man sie heute aus den Sex-Shops und Onlineportalen kennt, ist hierbei als moderner Auswuchs zu betrachten. Wagt man den Blick zurück in die 70er, ergibt sich ein deutlich anderes Bild: in den verruchten Mitternachtskinos (aka. Grindhouses) laufen neben sexuell aufgeladenen Exploitationfilmen (man denke hierbei zum Beispiel an die Rape and Revenge Klassiker „Last House on the Left“ und „Day of the Woman“ aka. „I Spit on your Grave“) Hardcorefilme, welche neben den erotischen Schauwerten auch zumindest einen groben Handlungsaufbau haben und mitunter auch mit weiteren „Zutaten“ angereichert sind. So enthalten einige dieser Filme überspitzt eingesetzte satanische Symbolik (die „Satanic Sickies“ Box von Alpha Blue Archives bietet hier eine sehr gute Übersicht), andere versuchen durch den Gebrauch sozialer und politischer Themen, zum Beispiel den Rassenunruhen und der Hippiebewegung, zu gefallen.

"The Taming of Rebecca"



Zwischen den geradezu unzähligen Unterarten gibt es eine Kombination, welche nicht nur Jahrhunderte älter ist, als der Pornofilm selbst, sondern auch innerhalb dieses Kontextes zum Tragen kam: die Mischung aus Sex und Gewalt. Diese gebar eine der interessantesten Spielarten des klassischen Pornos, den Roughie. Dieser vermählte die Herangehensweise des Hardcore-Spielfilmes mit Szenen, welche eine Vielfalt von Vergewaltigungen, Ermordungen, Erniedrigungen und sonstigen Gewalttaten zeigten, was zu einer kruden und unverwechselbaren Mixtur führte. Sicherlich ist die Idee keineswegs neu und heutzutage vielleicht sogar noch alltäglicher als damals, doch der Geist, die Optik, die Schamlosigkeit und die unzähligen Eigenheiten der Roughies sind nie auch nur annähernd erreicht worden. Filme wie „The Taming of Rebecca“ oder „Defiance of Good“ wirken wie endlose Zelebrierungen sexueller Gewalt, bei denen sich der Terminus „selbstgefällig“ ebenso aufdrängt, wie die Frage, ob solche Filme in unserer heutigen Zeit überhaupt produzier- und vermarktbar wären. Neben den genannten und einer Vielzahl anderer Beiträge gibt es zwei Filme, welche als prototypische Roughies und Speerspitze der Zunft zu sehen sind: „Forced Entry“ (1973) und „Water Power“ aka „Schpritz“ (1977), beide von Shaun Costello.

Der Tankwart in "Forced Entry".


Beide Filme basieren auf einem einfachen, aber wirksamen Prinzip. Ein psychisch in Mitleidenschaft gezogener, männlicher Protagonist verschafft sich Zutritt zu den Häusern mehrerer junger Frauen, um diese zu missbrauchen und gegebenenfalls zu töten. In welch historischem Kontext diese auf den ersten Blick oberflächlichen Charaktere verstanden werden können, ist relativ offensichtlich. In „Forced Entry“ erleben wir das Geschehen aus der Sicht eines traumatisierten Vietnam-Veterans, welcher primär auf sozial höherstehende Frauen Jagd macht, welche seine Tankstelle besuchen. Auch wenn hier keinesfalls der Versuch gewagt werden sollte, diese beiden (oder irgendwelche anderen) Roughies bzw. Pornofilme durch das Andichten soziokultureller Ambitionen salonfähig zu machen, bewahrheitet sich doch hier die These, dass diese Sparte Film ein wahres Kind seiner Zeit ist. Kriegstraumata, die Verarmung und (seelische und körperliche) Verkrüppelung der Veteranen und der oftmals damit verbundene Sozialneid sind prägende Diskurse dieses Jahrzehnts. Selbiges gilt für den Zusammenbruch der Werte, welche die vorhergehenden Jahrzehnte ausmachten und die zunehmend einsetzende sexuelle Freizügigkeit, welche aus konservativer Sicht oftmals als „Werteverfall“ bezeichnet werden. Dies spielt nicht nur am Ende von „Forced Entry“ eine Rolle, sondern ist auch das Motiv des Täters in „Water Power“. Dieser wird übrigens grandios von Gonzo-Erfinder und Porno-Legende Jamie Gillis (R.i.P.) verkörpert. Gillis befindet sich in einer Art „Taxi Driver“-esquem Rachefeldzug (sogar die Musik wurde aus Scorseses brilliantem Klassiker entlehnt) gegen sexuell freizügige Frauen, welche er zu reinigen versucht.

Porno-Ikone Jamie Gillis in "Rachel Humiliated".


Gillis' Reinigung geschieht in Form einer Darmspülung, welcher als Höhepunkt der sexuellen Akte daherkommt, welche er an den Frauen vollzieht. Gerade diese zeigen nicht nur die ausgedehnte und liebenswerte Schmutzigkeit des Roughies, sondern auch Gillis' unangefochtene Qualitäten als Hardcore-Darsteller. Mit vorgehaltener Waffe, zwingt er sie dazu, ihn oral zu befriedigen, weiterhin hat er (in Nahaufnahme) Analverkehr mit ihnen und ejakuliert auf sie, während sie sich vor ihm entleeren. Obwohl es zum Ausgleich auch noch einige etwas normalere Sexszenen gibt (unter anderem eine lesbische), ist der fetischistische, koprophile Aspekt, welcher durch die Darmspülungen hinzugewonnen wird, der mit Abstand interessanteste. 




Die ungestellten Szenen, in denen die Frauen ihre wässrige Notdurft verrichten, stehen stark im Vordergrund und gehören zu den fetischistischsten, welche es in einem Vintage Hardcore Film jemals zu bewundern gab (weitere Pluspunkte gibt es natürlich für die zynischen Kommentare des genialen Jamie Gillis!). Besonders beachtlich ist die Szene, in der die beiden lesbischen Frauen gleichzeitig in der Badewanne einen Einlauf verpasst bekommen und sich gegenseitig ankoten, weiterhin ist auch die oben beschriebene Endszene, in der der Protagonist der Exkrement abgebenden Polizistin auf das Rektum masturbiert ein absoluter Höhepunkt. 



Das Geschehen in „Forced Entry“ gestaltet sich etwas weniger exotisch, dafür aber um einiges roher und auf traditionelle Art brutaler. Der Tankwart ist ein hasserfüllter und offensichtlich zutiefst gestörter Charakter, welcher in seinem gesamten Handeln krankhaft und bestialisch wirkt. Der Geschlechtsverkehr wirkt hier erzwungener, missachtender und alles in allem einfach grausamer. Auch hier gibt es Fellatio mit gezogenem Revolver, welcher jedoch viel stärker in den Mittelpunkt gerückt wurde. Die Kameraführung ist ein gutes Stück wilder und stellenweise noch direkter als bei „Water Power“, der Fokus liegt zusätzlich auf den gequälten Gesichtsausdrücken der Frauen, die sich sichtlich davor ekeln, den Penis des Tankwartes im Mund zu haben. Diese Szenen stellen den Großteil des pornografischen Geschehens dar, auch wenn es hier ebenso Abwechselung gibt, zum Beispiel eine anale Vergewaltigung, nach der sich der Täter über den Kot beschwert, der an seinem Glied haften geblieben ist. Die Opfer werden allesamt mit einem Messer umgebracht, hier gibt es unter anderem ein sehr direkten Kehlenschnitt zu sehen. Das Treiben wird von Zwischenschnitten auf echtes Material aus dem Vietnamkrieg unterbrochen, was der grobkörnigen, zornigen Atmosphäre noch zusätzlich an Aggression verleiht.



„Water Power“ und „Forced Entry“ stellen nicht ein nur ein Stück Pornografiegeschichte dar, sie zeigen auch, wie viel Abwechselung und Ideenreichtum selbst in einem solch eng gefassten Spielraum existieren können und mit welcher Schlagkraft und Finesse ein pornografischer Spielfilm mit Gewalt angereichert werden kann. Beide Filme sind für sich genommen absolute Referenzwerke und repräsentieren perfekt ein Subgenre, welches exzentrischer und unzeitgenössischer nicht sein könnte. Nicht zu vergessen ist natürlich auch die Tatsache, dass „Water Power“ und „Forced Entry“ zwei Beispiele für die am Anfang beschriebenen Anfälle von Nostalgie und der daraus folgenden Wehmut sind, denn solche Filme werden heutzutage wahrlich nicht mehr gemacht.

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